Geburtshilfe Frauenheilkd 2006; 66 - PO_G_03_06
DOI: 10.1055/s-2006-952722

Risiken einer antidepressiven Medikation mit Venlafaxin in der Schwangerschaft

WE Paulus 1, S Schloemp 1, F Stoz 2
  • 1Institut für Reproduktionstoxikologie, Ravensburg
  • 2Oberschwabenklinik, KH St. Elisabeth, Ravensburg

Einführung: Seit seiner Markteinführung 1996 liegen für das bizyklische Antidepressivum Venlafaxin, einen Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer, nur wenige publizierte Erfahrungen in der menschlichen Schwangerschaft vor. Nach den aktuellen FDA-Warnungen zu Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern wie Paroxetin stellt sich auch für das häufig bei Frauen im fertilen Alter eingesetzte Venlafaxin die Frage eines teratogenen Potentiales.

Methoden: Im Rahmen einer prospektiven Followup-Studie wurden von unserem Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum zwischen 1997 und 2005 64 Schwangerschaftsausgänge nach Anwendung von Venlafaxin in der Frühgravidität dokumentiert. Die Befunde wurden unter Einsatz von Fisher´s Exact Test und Wilcoxon Test mit den Daten eines Kontrollkollektives (n=390) aus demselben Zeitraum verglichen, das nicht oder unproblematisch exponiert war.

Ergebnisse: Die beiden Kollektive stimmten im mütterlichen Alter sowie im Gestationsalter bei Anfrage überein. Die Spontanabortrate nach Einnahme von Venlafaxin unterschied sich mit 17,0% (9/53) nicht signifikant vom Kontrollkollektiv mit 10,5% (40/380). Kongenitale Anomalien fielen nach Medikation mit Venlafaxin (3/44=6,8%) nicht signifikant häufiger auf als im Kontrollkollektiv (12/340=3,5%, p=0,40; relatives Risiko 1,93; 95%-Konfidenzintervall 0,44–6,93). Allerdings lag die Rate der Schwangerschaftsabbrüche ohne embryopathische Indikation nach Therapie mit Venlafaxin im I.Trimenon (11/64=17,2%) signifikant (p<0,0001) über dem Anteil in der Kontrollgruppe (10/390=2,6%).

Schlussfolgerung: Unsere prospektive, kontrollierte Followup-Studie konnte kein teratogenes Potential von Venlafaxin nachweisen. Allerdings sollten weitere reproduktionstoxikologische Daten gesammelt werden, um Patientinnen im fertilen Alter unter Dauermedikation mit Venlafaxin beruhigen zu können.