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DOI: 10.1055/s-2006-952235
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit einer Trisomie 21 beim Ungeborenen? Risikoselbsteinschätzung der Mütter – eine prospektive Studie
Fragestellung: Entwicklungen in der pränatalen Diagnostik, zunehmendes Alter der Gebärenden, abnehmende Kinderzahl und der Wunsch nach Sicherheit führten in der Vergangenheit zu einer Verdoppelung von Amniozentesen und Chorionzottenbiopsien. Dies wirft die Frage auf, wie hoch das Risiko ein chromosomal krankes Kind zu gebären von den Müttern eingeschätzt wird. Material und Methoden: Von 12/05 bis 3/06 wurden prospektiv 219 Schwangere, die sich an unserer Klinik zu einer Ultraschalluntersuchung vorstellten, durch einen Fragebogen über ihre persönliche Einschätzung ein Kind mit Trisomie 21 zu gebären, befragt. Ausgeschlossen wurden jene Patientinnen, welche eine genetische Beratung oder Untersuchung bereits erhalten hatten. Ergebnisse: Im Median waren die Schwangeren 32 Jahre alt (20–40) und befanden sich in der 22. Schwangerschaftswoche (36–270 Tage). 72% (158/219) hatten sich mit dem individuellen Trisomierisiko ihres Kindes auseinander gesetzt: 46% der Mütter (72/158) vor, 52% (82/158) zu Beginn, 10% (15/158) im Verlauf der Schwangerschaft und 9% (14/158) nach einer ärztlichen Beratung (Mehrfachnennungen möglich). Im Median nahmen die Mütter ihr Risiko mit 3% (0–90) an. Häufigste Begründung für diese Einschätzung waren in 53% (84/158) persönliche Gründe, in 27% (43/158) eine Risikoberatung im Zuge einer Ultraschalluntersuchung, in 25% (40/158) der Einfluss der Medien und in 24% (38/158) das ärztliche Gespräch. Diskussion: Das Risiko ein Kind mit Trisomie 21 zu gebären liegt im Mittel in Deutschland bei 1: 540. Dem Aneuploidierisiko steht das Komplikationsrisiko der invasiven Pränataldiagnostik (0,5–1,6%) gegenüber. Dies fordert von den Schwangeren eine Abwägungsentscheidung. Bei steigender Inanspruchnahme vorgeburtlicher Karyotypisierungen muss die Frage nach der individuellen Selbsteinschätzung erlaubt sein. Die hier gezeigte massive Risikoüberschätzung durch die werdenden Mütter weist deutlich auf einen gesteigerten Beratungsbedarf in der Schwangerschaft hin.