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DOI: 10.1055/s-2006-951971
Kommunizierende Röhren - Vom schwierigen Verhältnis von Sozialpsychiatrie und Maßregelvollzug
Beobachtungen aus der Sicht einer forensischen AmbulanzCommunicating Tubes - The Difficult Relationship Between Social and Forensic PsychiatryObservations from a Forensic Outpatient DepartmentPublication History
Publication Date:
27 June 2007 (online)
Einleitung
Die Arbeit forensischer Einrichtungen in Deutschland bewegt sich zwischen eklatanten Widersprüchen. Der Maßregelvollzug ist chronisch überlastet. Drastische Einsparungen begrenzen die therapeutischen Möglichkeiten, sinkende Entlasszahlen stehen einem unverändert hohen Belegungsdruck gegenüber. Der Maßregelvollzug dient teilweise als verkappte Sicherungsverwahrung. Die öffentliche Meinung schwankt dabei zwischen zwei Erlösungsideen: „Wegschließen - und zwar für immer” (Ex-Kanzler Schröder) oder: „Täter brauchen Therapie und die Chance zum Neuanfang”. Dagegen gilt: Die richtige Wahl einer stabilen Lebenssituation in der „Gemeinde” im Rahmen kompetenter Weiterbetreuung ist die entscheidende Voraussetzung für den Erfolg der Rehabilitation. Für den Maßregelvollzug - im Unterschied zur Sozialpsychiatrie - ist diese Sichtweise relativ neu.
Tatsächlich kamen die aus der Allgemeinpsychiatrie bekannten Drehtüreffekte in der forensischen Psychiatrie erst sehr spät in den Blick. So erstaunlich ist das nicht, da der Maßregelvollzug noch wesentlich länger in der Tradition einer rein kustodialen Verwahrpsychiatrie verhaftet war. Hospitalisierung sollte nicht vermieden werden, sondern wurde gleichsam zum Programm erklärt. Erst mit einer zunehmenden Öffnung für Reformen kam die „Zeit danach” überhaupt ins Blickfeld und damit auch Rückfälligkeit und deren Vermeidung.
In der forensischen Prognoseforschung wurde der „soziale Empfangsraum” entdeckt: Psychische Störungen sind demnach weniger als - klinisch „wegtherapierbare” - Eigenschaft einer Person, sondern vor allem auch als Interaktionsprobleme mit dem jeweiligen Umfeld, also als Beziehungsprobleme zu verstehen. Analog kann man daher formulieren: „Rückfallgefährdung” ist keine statische Eigenschaft, die ein Patient einfach hat und die man gutachterlich erfassen oder messen (anhand „innerer”, psychopathologischer Veränderungen) und heilen kann. Vielmehr ist das Rückfallrisiko entscheidend mit abhängig von „äußeren” Umfeldbedingungen, d. h. von konkreter Unterstützung im Lebensfeld und von kontinuierlicher Nachsorge, von der Existenz bedeutungsvoller Tätigkeiten und tragfähiger Beziehungen. Dörner [1] polemisiert folgerichtig gegen den personenzentrierten Ansatz, wie er in den neuen Hilfeplanverfahren seinen Niederschlag gefunden hat, dass „Professionalität gerade nicht im direkten und frontalen Herumfummeln an Individuen, … sondern in der Begleitung seiner Beziehungen bestehe” (S. 39).
Übereinstimmung besteht inzwischen, dass sich verlässliche Vorhersagen immer nur für ein definiertes Bedingungs- und Beziehungssystem und nur für einen begrenzten Zeitraum stellen lassen. Dabei müssen etwaige Veränderungen immer wieder erneut überprüft werden. Positiv formuliert: (Relative) Prognosesicherheit lässt sich aktiv herstellen, indem man entsprechende Lebens- und Betreuungssituationen in der Gemeinde schafft (gelegentlich auch als „Wirkprognose” bezeichnet). Genau darin besteht eine Hauptaufgabe der Gemeindepsychiatrie. Doch wie reagiert das Hilfesystem der Gemeindepsychiatrie auf gewalttätige Patienten? Wie nimmt sie die Verantwortung für die besonders herausfordernden Menschen wahr?
Aus der Sicht des Maßregelvollzuges und einer forensischen Ambulanz zeigt sich ein gebrochenes Verhältnis der Gemeindepsychiatrie zu psychisch Kranken, sofern diese gewalttätig geworden sind.
Literatur
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Friedhelm Schmidt-Quernheim
Rheinische Kliniken Düren
Meckerstraße 15
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