Z Gastroenterol 2006; 44 - K03
DOI: 10.1055/s-2006-951192

Wenn die Leber mit der Haut kämpft: generalisiertes papulöses-bullöses Exanthem nach Lebertransplantation

S Ciesek 1, M Neipp 2, H Barg-Hock 2, MP Manns 1, T Becker 2, CP Strassburg 1
  • 1Medizinische Hochschule Hannover, Abteilung für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie, Hannover, Germany
  • 2Medizinische Hochschule Hannover, Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Hannover, Germany

Transplantierte Patienten bedingen einer permanenten Überwachung möglicher Folgeerkrankungen wie Infektionen, unerwünschte Arzneimittelwirkungen, Abstoßung und Organdysfunktionen, die eine vielseitige und überlappende Symptomatologie aufweisen.

Eine 28-jährige Patientin 4 Wochen nach unkomplizierter Lebertransplantation wegen primär sklerosierender Cholangitis stellte sich mit einem plötzlich aufgetretenen papulösen Exanthem an Gesicht, Ohren, Lippen und Körperstamm vor. Laborchemisch fiel eine mikrozytäre Anämie, ein erhöhtes CRP und Leukozyten von 12.300/µl auf, die innerhalb von 6 Tagen auf 1.400/µl abfielen. Als Ursache wurde eine Cotrimoxazol-Reaktion vermutet. Trotz Cotrimoxazol-Pause kam es zu keiner Besserung, eine Herpesvirusinfektion wurde serologisch und durch Analyse von Blaseninhalt ausgeschlossen. Die unter Erythema exsudativum multiforme (EEM)-Verdacht gewonnene Hautbiopsie zeigte disseminierte Keratinozyten in den Epidermisschichten und ein lymphohistiozytäres Infiltrat, was für ein EEM wie auch für ein Arzneimittelexanthem sprach. Wegen progredienter Leukozytopenie wurde eine immunologische Ursache vermutet. Die HLA-Typisierung des Spender- und Patientenblutes ergab einen Chimärismus und bestätigte eine graft versus host disease (GvHD). Hochdosierte Steroidgabe und die Fortsetzung der Basisimmunsuppression führte zur raschen Restitution. In der Folge persistierte ein Sicca-Syndrom mit trockenen Augen, was für eine chronische GvHD spricht.

Diskussion: Die GvHD ist bei soliden Organtransplantationen eine seltene Immunreaktion des Transplantats. Erstmalig 1988 berichtet sind bis heute 50 Fälle darunter eine chronische GvHD beschrieben. T-Lymphozyten des Transplantats führen zu einem immunologischen Krankheitsbild, das Haut, Leber, Darm und Auge betreffen kann. Die Differentialdiagnose schließt Arzneimittelreaktionen und Virusexantheme ein. Da sich die therapeutischen Konsequenzen unterscheiden und die GvHD Lebertransplantierter mit Fieber und Leukozytopenie eine 80%ige Mortalität aufweist, ist die rasche Diagnose essentiell. In unserem Fall entwickelte sich nach erfolgreicher Restitution der Symptome eine chronische GvHD mit Sicca-Syndrom. Bei Verdacht führt eine Chimärismus-Analyse zur Diagnose, die für den Patienten meist lebensrettend ist.