Zentralbl Gynakol 2006; 128 - A62
DOI: 10.1055/s-2006-950562

Mammographie-Screening und gynäkologische Kompetenz- Aktueller Stand

K Gnauert 1
  • 1Klinik für Gynäkologie & Gyn. Onkologie- Dr.-Horst- Schmidt- Klinik (HSK) – Wiesbaden

Im Jahr 2002 beschloss der Bundestag die Einführung eines bundesweiten qualitätsgesicherten Mammographie- Screening- Programms. Nach einer Vorbereitungs- Phase mit drei Modellprojekten ist die flächendeckende Versorgung durch regionale Screening- Einheiten in diesem Jahr weitgehend abgeschlossen. Lediglich das Saarland, Schleswig- Holstein, Hamburg, Sachsen- Anhalt und Sachsen werden voraussichtlich in 2007 mit der Regelversorgung beginnen.

Deutschlandweit werden über 10 Mio Frauen im Alter zwischen 50 und 70 Jahren zu diesen Reihenuntersuchungen eingeladen werden, in Hessen ca. 800 000. In über 670 000 bzw. 50 000 Fällen (6,2%) werden weitere Abklärungen notwendig werden, von denen knapp 200 000 bzw. 14 000 (1,8%) eine Biopsie erhalten. Abhängig von Prävalenz bzw. Inzidenzrunde wird von einer Karzinomentdeckungs- Rate zwischen 0,9–0,6% ausgegangen.

Diese Daten verdeutlichen, welchen hohen Stellenwert dieses Programm in der Brustkrebsfrüherkennung, insbesondere aber auch in der realen Beratungs- und Behandlungs- Arbeit in den gynäkologischen Praxen bzw. Kliniken haben wird. Gemäß den Vorgaben des Mammographie- Screenings ist hierbei eine intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit aller beteiligten Ärzte erforderlich.

Die Frauenärzte werden unverändert wichtige Ansprechpartner von Frauen sein, die zum Screening eingeladen werden oder bei denen eine weiterführende Abklärung bzw. Karzinomdiagnose indiziert bzw. diagnostiziert werden.

In der Versorgungs- Kette des Mammographie- Screenings spielen die Gynäkologen schon zu Beginn des Prozesses eine Schlüsselrolle. Die strukturierte Integration gynäkologischer Kompetenz könnte im Falle einer klinischen Auffälligkeit zur Verhinderung von falsch negativen Befunden führen (Ausschluss aus dem Screening- Verfahren). Weitere wichtige gynäkologische Aufgaben sind die Risikoberatung und Prävention.

Das bestehende Vertrauensverhältnis zwischen Frauenarzt und Klientin kann über eine entsprechende Aufklärung zur Motivation für dieses Projekt führen (lediglich 39% der älteren Frauen nehmen an Krebsvorsorgeuntersuchungen teil, nur ca. 50% der Eingeladenen am Mammographiescreening). Dies setzt allerdings eine adäquate Kommunikationsstruktur zwischen Screening- Einheiten und niedergelassenen Frauenärzten voraus. Dies ist in Deutschland heterogen organisiert, z.T. noch mit Nachbesserungs- Potential.

Im nächsten Schritt der bildgebenden Diagnostik spielen letztere nur eine untergeordnete Rolle (voraussichtlich nur 2 GynäkologenIn als Programmverantwortliche in Deutschland).

Im Assessment ist die Sonographie und ultraschallgesteuerte Biopsie durch die Radiologen vorgesehen. Hier wäre die Integration gynäkologischer Kompetenz unter dem Aspekt des dort schon vorhandenen Know- Hows wünschenswert und berufspolitisch wichtig.

Die stereotaktische Abklärung kann in gynäkologischen Abteilungen erfolgen und ist hier durch die jahrelange Erfahrung mit diesen Techniken auch gut aufgehoben.

Einen wichtigen Beitrag im nächsten Schritt der Diagnosekette ist die Teilname von gynäkologischer Seite an den interdisziplinären Konferenzen, in denen die Korrelation zwischen Bildgebung und Histologie erstellt wird und die klinische Erfahrung bei der Beratung der weiteren Therapie- Schritte erfordert. Die Teilnahme niedergelassener Frauenärzte an diesen Konferenzen ist grundsätzlich möglich, wird aber derzeit nur in Ausnahmefällen wahrgenommen.

Die weitere Behandlung liegt wiederum federführend in gynäkologischer Hand (Operation und syst. Therapie). Die Nachsorge obliegt ebenfalls den Frauenärzten. Hier ansetzend liegt jedoch auch eine wichtige Schlüsselrolle bei den Gynäkologen: Die Qualitätssicherung. Vorhandene Qualitätssicherungs- Netzwerke (z.B. „Netzwerk- Qualitätssicherung- Mammakarzinom“) könnten entscheidende Parameter zur Sicherung der Ergebnisqualität beitragen: Rückmeldung „falsch negativer“ Befunde, RFS, OS, Zufriedenheit etc.

Zusammenfassung: Die erfolgreiche und flächendeckende Umsetzung des Mammographie- Screenings könnte zu einer Versorgungsverbesserung in der Brustkrebs- Früherkennung führen, ist aber fest verknüpft mit der Integration von gynäkologischer Kompetenz und aktiver Kommunikationsbereitschaft zwischen allen Behandlungs- Partnern.