Gesundheitswesen 2006; 68 - A23
DOI: 10.1055/s-2006-948579

Bewegungsverhalten und -wünsche von Siebtklässlern nach sozialer Lage, Herkunft, Gewichtsstatus und Geschlecht

J Butler 1, M Bösche 1
  • 1Bezirksamt Mitte von Berlin, Plan- und Leitstelle Gesundheit

Hintergrund: Im Jahr 2005 führte das Bezirksamt Berlin-Mitte eine Erhebung zum Gesundheitsverhalten von Schüler/-innen im Bezirk durch. Ein Teil der Fragen im Fragebogen befasst sich mit dem Bewegungsverhalten der Jugendlichen und mit ihrem Bedarf und ihren Interessen an Angeboten zu Bewegung im Sportunterricht, in der Schule und in der Freizeit. Ziel: Das Ziel der Untersuchung war zum einen, eine Basis für eine geplante Nachfolgeuntersuchung bei der gleichen Schülergruppe zu schaffen. In der Hälfte der Schulen wird über drei Jahren hinweg eine Gesundheitsförderungsmaßnahme durchgeführt. Zum anderen ging es darum, Erkenntnisse für die Gestaltung von Maßnahmen der Gesundheitsförderung zu gewinnen. Methoden: 487 Schüler/-innen der 7. Klassen an acht Oberschulen im Bezirk wurden mittels eines Fragebogens, der an das HBSC -Instrument angelehnt war, befragt. Gleichzeitig wurden die Schüler/-innen gewogen und gemessen und ihr Impfstatus wurde überprüft. Mittels eines kurzen Elternfragebogens wurden darüber hinaus die soziale Schicht und weitere Daten über die Eltern ermittelt. Ergebnisse: Die Auswertung der Untersuchung brachte eine Reihe von interessanten und wichtigen Erkenntnissen über das Bewegungsverhalten und andere Aspekte von Bewegung der Siebtklässler zutage: Die soziale Schicht der Schüler/-innen spiegelt sich im Schultyp wieder. An der Hauptschule finden sich kaum Jugendliche aus der oberen sozialen Schicht und im Gymnasium kaum welche aus der unteren. Die Gesamtschule entspricht dabei der Struktur einer Hauptschule. Adipositas tritt in der unteren sozialen Schicht signifikant häufiger auf. Sie findet sich vermehrt bei Jugendlichen türkischer und arabischer Herkunft. Jugendliche aus der unteren sozialen Schicht zeigten sich jedoch im Bewegungsverhalten wesentlich häufiger aktiv als die aus den oberen und mittleren Schichten. Mädchen waren im Bewegungsverhalten inaktiver, hatten weniger Interesse an Bewegungsangeboten und mögen auch den Sportunterricht weniger als Jungen. Schüler/-innen aus der unteren sozialen Schicht hatten das umfassendste Interesse und den größten Bedarf an Angeboten zu Bewegung in der Schule. Insgesamt äußern ca. ein Drittel der befragten Schüler/-innen einen Bedarf an mehr Angeboten zu Bewegung und Sport in der Schule. Der Sportunterricht wurde insgesamt sehr gemocht. Er fand insbesondere bei Jungen, bei Schüler/-innen aus der Unterschicht, bei Migrant/-innen und bei sportlich Aktiven Anklang. Als Hauptgrund, einen Sportverein nicht zu besuchen, wurde ein Mangel an interessanten Angeboten genannt. Dies war insbesondere bei Mädchen, Kindern aus den unteren sozialen Schichten und Kindern nichtdeutscher Herkunft der Fall. Diskussion: Die Ergebnisse waren insbesondere dadurch interessant, dass sie auf den eigenen Vorstellungen der Schüler basierten. Es zeigte sich, dass das Verhalten und die Wünsche der Jugendlichen hinsichtlich Bewegung u.a. je nach Schicht, Geschlecht und Herkunft unterschiedlich waren. Angebote müssen demnach zielgruppengerecht gestaltet werden, damit die Schüler sie annehmen können. Schlussfolgerungen: Die ersten Ergebnisse aus der Befragung dienten als Tischvorlage auf einer bezirklichen Gesundheitskonferenz zur Bewegung bei Kindern und Jugendlichen. Sie werden auch schulspezifisch für die beteiligten Schulen ausgewertet, damit diese ihr Angebot besser gestalten können. Außerdem werden sie als Magisterarbeit im Detail analysiert.