Gesundheitswesen 2006; 68 - A16
DOI: 10.1055/s-2006-948572

Rauchverhalten bei Kindern und Jugendlichen und soziale Unterstützung – Erkenntnisse und Ansätze zur Primär- und Sekundärprävention

E Böhler 1, E Heins 1, H Weirich 2, UP Geis 1, C Seitz 1, S Letzel 1, AM Toschke 3
  • 1Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Johannes Gutenberg Universität Mainz
  • 2Veterinär- und Gesundheitswesen, Kreisverwaltung Mainz-Bingen
  • 3Institut für Soziale Pädiatrie und Jugendmedizin, Abteilung für Epidemiologie der Ludwig-Maximilians Universität München

Hintergrund: Rauchen verursacht eine Vielzahl von Krankheiten. Eine Tabakabhängigkeit zeichnet sich schon nach dem Konsum weniger Zigaretten ab. Es bedarf daher durchgreifender Primär- und Sekundärprävention bei Kindern und Jugendlichen, um frühzeitige tabakbedingte Krankheiten zu verhindern. Eine Untersuchung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung im Jahr 2005 zeigt auf, dass 20% der 12–17-jährigen Raucher sind. In der Regel werden Forschungsprojekte und darauf aufbauende Präventionskonzepte in Deutschland erst bei Teenagern durchgeführt – Erkenntnisse über Kinder unter 12 Jahren sind rar. Methoden: Eine Querschnittsstudie zum Gesundheitsverhalten und sozialer Unterstützung von Schülern im Alter von 7–17 Jahren wurde im Schuljahr 2002/2003 im Landkreis Mainz-Bingen durchgeführt. Insgesamt haben 2732 Schüler von 34 Grund-, Haupt-, Realschulen und Gymnasien an einer schriftlichen Befragung teilgenommen (Teilnahmerate 58,3%). Ergebnisse: Von 2570 Schülern (Altersmedian: 10 Jahre, 47,6% weiblich) lagen vollständige Daten zur statistischen Analyse vor. Insgesamt gaben 2,4% der Mädchen und 6,6% der Jungen an, zu rauchen. Im adjustiertem binären logistischem Endmodell hatten Jungen ein 2,9fach erhöhtes Risiko (95- %-KI 1,9–4,6) zu rauchen. Schüler, die weniger mit sich selbst zufrieden waren rauchten häufiger (aOR 2,4 95%-KI 1,6–3,8) sowie Schüler, die sich in der Schule ungerecht behandelt fühlten (aOR 2,0 95-%-KI 1,3–3,1) oder weniger mit ihrer Familie zurecht kamen (aOR 2,3 95-%-KI 1,4–3,8). Diskussion / Schlussfolgerung: Trotz unklarer zeitlicher Sequenz aufgrund des Studiendesigns zeigen die Ergebnisse, dass bereits für Grundschulen Präventionsprogramme gegen Rauchen im Hinblick auf die Stärkung der sozialen Unterstützung und des Selbstwertgefühls der Schüler etabliert werden müssen. Neben der Verhaltensprävention durch kindsgerechte Informationen muss eine Betonung der Verhältnisprävention stattfinden. Hierbei kommt den Schulen eine besondere Bedeutung zu, die eine soziale und psychologische Stärkung der Kinder außerhalb der Familien bewirken könnten.