Aktuelle Urol 2006; 37 - V107
DOI: 10.1055/s-2006-947496

Entleerungsstörung der Ileum-Neoblase: Ätiologie, Inzidenz und therapeutische Optionen

J Simon 1, G Bartsch Jr.1, J Gschwend 1, B Volkmer 1, R Hautmann 1
  • 1Klinik für Urologie und Kinderurologie der Universität Ulm

Einleitung: Die Entleerung einer Ileum-Neoblase nach Zystektomie kann vorübergehend oder dauerhaft durch narbige Anastomosen- oder Harnröhrenstrikturen, obstruktive Schleimhautsegel, Lokalrezidive und funktionelle Störungen beeinträchtigt werden. Ziel dieser Studie war es, die Inzidenz und Ätiologie dieser Störungen zu ermitteln und die Wertigkeit der Therapieoptionen zu analysieren. Methoden: Zwischen 01/86 und 09/03 wurden 655 Zystektomien mit Anlage einer Ileum-Neoblase bei Männern in unserer Klinik durchgeführt. Ein komplettes Follow-up wurde für alle Patienten unter besonderer Berücksichtigung mechanischer oder funktioneller Blasenentleerungstörungen und der Form der jeweiligenTherapie erhoben. Resultate: 75/655 Patienten (11%) entwickelten postoperativ eine therapiebedürftige Entleerungsstörung der Ileum-Neoblase. Ätiologisch fanden sich: Lokalrezidive: n=3 (2,0%), Strikturen der neovesiko-urethralen Anastomose: n=23 (3,5%), obstruktive Schleimhautsegel: n=3 (0,5%), funktionelle Blasenentleerungsstörungen: n=23 (3,5%), Neoblasensteine: n=1 (0,2%), Harnröhrenstrikturen: n=13 (2,0%), externe Kompression durch nicht-urologischen Tumor: n=1 (0,2%). Behandlungsoptionen waren: Lokalrezidiv: Dauerkatheter oder intermittierender Selbstkatheterismus: 13/13, in 3 Fällen konnte eine Chemotherapie vorübergehend die Blasenentleerung wieder herstellen. Neovesiko-urethrale Anastomosenstriktur: Dauerkatheter oder intermittierender Selbstkatheterismus: 3/24, Inzision oder Resektion der Striktur: 16/23, regelmäßige Anastomosendilatation: 4/23. Transurethrale operative Interventionen waren in allen Fällen erfolgreich. Obstruktive Schleimhautfalten: Transurethrale Resektion oder Inzision: 3/3, erfolgreich in allen Fällen. Funktionelle Blasenentleerungsstörung: Dauerkatheter oder intermittierender Selbstkatheterismus: 23/23. Blasensteine: transurethrale Lithotrypsie: 1/1. Harnröhrenstrikturen: Urethrotomia interna: 13/13, erfolgreich in allen Fällen. Extravesicaler Tumor: Resektion 1/1. Insgesamt konnten 38/52 (73%) Patienten mit mechanischer Ursache der Obstruktion erfolgreich transurethral behandelt werden. Die Patienten ohne ohne oder mit erfolgloser Therapie der mechanischen Ursache (14/52 Patienten, 27%) und diejenigen mit einer funktionellen Neoblasen-Entleerungsstörung (23 Patienten) erhielten entweder eine Dauerableitung oder führten einen intermittierenden Selbstkatheterismus durch. Schlussfolgerung: Eine mechanische oder funktionelle Blasenentleerungstörung bei Männern mit Ileum-Neoblase ist keine Seltenheit. Minimal-invasive Eingriffe können etwa 50% dieser Probleme lösen. Patienten mit funktioneller Blasenentleerungstörung benötigen dagegen immer einen intermittierenden Selbstkatheterismus.