Der Klinikarzt 2006; 35(5): 183
DOI: 10.1055/s-2006-947030
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Lipide und Arteriosklerose - es bleibt spannend!

Jörg Kreuzer
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Publication Date:
29 May 2006 (online)

Seit einigen Jahren ist die Arteriosklerose nicht nur in den Industrienationen, sondern auch weltweit die Todesursache Nummer eins. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat daher vaskuläre Prozesse wie Myokardinfarkt oder Apoplex zum „Killer Number One” erklärt. Neben der hohen Mortalität ist jedoch auch die Morbidität der vaskulären Erkrankungen von großer Bedeutung. Denn auch in den Fällen, in denen Apoplex oder Herzinfarkt nicht zum Tod führen, gehen sie mit einer oft massiven Einschränkung der Lebensqualität einher. Allen Maßnahmen, die zur besseren Prävention und Therapie der Arteriosklerose geeignet sind, kommt daher außerordentliche Bedeutung zu.

Diese Erkenntnis ist zweifellos nicht ganz neu. Man könnte sich daher fragen, warum jetzt dieses Schwerpunktheft Lipidtherapie/Arteriosklerose aufgelegt wurde. Ein Grund sind sicherlich die bisher nie da gewesenen Veränderungen im Gesundheitssystem, denen wir uns derzeit gegenüber sehen. Nicht mehr allein die Krankheit des Patienten und die Behandlung durch den Arzt sind von Bedeutung, immer wichtiger werden auch Aspekte der Kosten-Nutzen-Relation für die Therapieentscheidung. In Zeiten schwindender Ressourcen oder Bonus-Malus-Regelungen müssen wir uns sicher sein können, wer wann welche Therapie erhalten sollte - und was sie bringt.

So ist etwa der Zielwert für das LDL-Cholesterin derzeit Thema unzähliger Diskussionen. Vielfach wird sogar der Eindruck erweckt, es handele sich um eine vollkommen unklare Frage, deren Beantwortung in weiter Ferne läge. Tatsächlich ist die Datenlage jedoch bei weitem nicht so diffus wie es nach einer Vielzahl von Veröffentlichungen in deutschen Publikumsmedien in den letzten Monaten den Eindruck macht. So wies eine aktuelle Metaanalyse aus 14 Studien, an denen insgesamt 90056 Personen teilnahmen, den Zusammenhang zwischen erhöhten LDL-Werten und kardiovaskulärem Risiko erneut überzeugend nach. Die „Cholesterol Treatment Trialists' (CTT) Collaboration”, veröffentlichte diese Analyse im Jahre 2005 in der Fachzeitschrift „Lancet”.

Nicht nur der LDL Zielwert ist (unberechtigterweise) Diskussionsthema. Viele weitere Fragen zu Diagnostik und Therapie sind ebenfalls Dauerbrenner. Dazu zählen Fragen wie: Wie soll das LDL-Cholesterin bei welchen Patienten gesenkt werden? Welche Diagnostik ist beim jungen Menschen mit vaskulärem Risiko sinnvoll? Welche Rolle spielt das HDL-Cholesterin? Welche Konsequenzen hat unser Lebensstil für die Entwicklung einer Arteriosklerose bereits bei jungen Menschen? Was bringen Fibrate? Dürfen wir Patienten, bei denen eine nur geringe absolute Risikoreduktion zu erwarten ist, eine Behandlung der Dyslipoproteinämie vorenthalten? Diese Liste ist sicherlich nicht vollständig. Doch sie macht deutlich, warum auch ein so populäres Thema wie die Lipidtherapie bei kardiovaskulären Erkrankungen weiter spannend bleibt. Gerade die Häufigkeit von Apoplex und Herzinfarkt hat letztendlich auch dazu geführt, dass hier bei Diagnostik und Therapie in den letzten Jahren ungeheure Fortschritte erzielt wurden. Weitere Innovationen sind in den nächsten Jahren zu erwarten.

Der Schriftleitung des klinikarzt gilt daher mein Dank, dass sie sich entschlossen hat, dem Thema der Lipidtherapie bzw. der Arteriosklerose ein Schwerpunktheft zu widmen. In diesem Sinne wünsche ich allen Lesern viel Vergnügen mit dieser Ausgabe.

Prof. Dr. Jörg Kreuzer(Gasteditor)

Limburg an der Lahn