Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2006; 1(6): 521-548
DOI: 10.1055/s-2006-944980
Schultergürtel und obere Extremität
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Proximale Humerusfrakturen

R.  Babst,1 , F.  Brunner1
  • 1Kantonsspital Luzern, Chirurgische Klinik, Unfallchirurgie
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
06. Dezember 2006 (online)

Proximale Humerusfrakturen stellen die dritthäufigsten Frakturen dar. Sie treten mehrheitlich als Folge eines einfachen Sturzes auf. Ältere Frauen sind davon am meisten betroffen. Weniger häufig finden sie sich als Folge von Sportverletzungen und Verkehrsunfällen bei vorwiegend jüngeren Patienten.

Ziel der Therapie ist die möglichst gute Wiederherstellung der früheren Funktion. Das große Bewegungsausmaß des glenohumeralen Gelenkes stellt einen hohen Anspruch an eine anatomiegerechte Form und den Erhalt oder die schnelle Wiederherstellung einer hohen Stabilität des Humeruskopfes. Damit wird die rasche Wiederaufnahme der Beweglichkeit ermöglicht, um Spätfolgen wie subakromiale Adhäsionen, Kapselschrumpfungen und schmerzhaftes Impingement zu verhindern.

Wenig verschobene stabile Brüche machen die Mehrzahl proximaler Humerusfrakturen aus. Ihre hohe intrinsische Stabilität, bedingt durch erhaltene Weichteilverbindungen der Rotatorenmanschette und/oder des Periostes, erlaubt eine kontrollierte funktionelle Behandlung. Bei relevant dislozierten instabilen Frakturen ist eine operative Stabilisierung indiziert, um die anatomische Form des Humeruskopfes wiederherzustellen und eine rasche Bewegungsaufnahme zu ermöglichen zur Vermeidung einer schmerzhaften Schultersteife. Patientenfaktoren wie hohes Alter mit geringem funktionellem Bedarf, Polymorbidität sowie eine schlechte Knochenqualität beeinflussen die Indikation zur Operation und die Stabilisierungsart. Mehrfragmentfrakturen beim jungen Patienten nach Hochrasanztrauma, aber auch beim älteren Patienten, sind technisch anspruchsvolle Gelenkfrakturen, welche einer sorgfältigen präoperativen Planung mit guter konventioneller und evtl. 2-D- oder 3-D-Bildgebung bedürfen und entsprechende Erfahrung voraussetzen.

Winkelstabile Implantate mit besserem Halt auch im osteoporotischen Knochen haben die Indikation zum Erhalt des Humeruskopfes erweitert. Die Möglichkeit zur zuverlässigen und stabilen Rekonstruktion und damit zur frühfunktionellen Nachbehandlung hat zu günstigen klinischen Resultaten bei gleichzeitiger Reduktion bekannter Komplikationen wie Sekundärdislokation, Implantatlockerung und avaskulärer Kopfnekrose, geführt. Das Indikationsspektrum minimalinvasiver perkutaner Verfahren dürfte sich deshalb tendenziell auf einfache Bruchformen reduzieren. Die Hemiprothese bleibt der nicht mehr stabil rekonstruierbaren Mehrfragmentfraktur und dem sehr alten Patienten mit schlechter Knochenqualität vorbehalten.

Die Nachbehandlung richtet sich nach der intrinsischen Stabilität der Fraktur bzw. nach derjenigen der operativen Fixation. Lagerungsstabile Verfahren erfordern eine Phase mit Pendelbewegungen, bevor eine aktiv-assistierte Therapie begonnen werden kann, während übungsstabile Fixationen unmittelbar postoperativ aktiv-assistiert beübt werden können. Das funktionelle Ergebnis nach proximalen Humerusfrakturen wird durch eine konsequent geführte Bewegungstherapie entscheidend beeinflusst. Diese kann auch nach abgeschlossener Frakturheilung bei funktionellen Defiziten langzeitig nötig sein. Die Prognose ist bei Erhalt der anatomischen Form des Humeruskopfes und einer frühfunktionellen Nachbehandlung günstig. Eine Bewegungseinbuße von 15 - 20 % ist im Vergleich zur gesunden Gegenseite üblich.

Prof. Dr. med. Reto Babst

Dept. Chirurgie, Unfallchirurgie
Kantonsspital Luzern

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Schweiz

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