Hintergrund: Die Zervixreifung ist ein physiologischer inflammatorischer Prozess, wobei neben Prostaglandinen auch NO (nitric oxide) eine zentrale Rolle spielt. Studien mit NO-Donatoren im ersten und zweiten Trimester haben gezeigt, dass durch lokale Anwendung eine Zervixreifung erreicht werden kann. Zur Bedeutung von NO-Donatoren zur Zervixreifung und Geburtseinleitung am Termin gibt es bislang kaum Daten, so dass die Bedeutung dieser Substanzgruppe für diese Indikation noch nicht ausreichend geklärt ist.
Rationale: Führt die Gabe von Isosorbidmononitrat (IMN) in Ergänzung zu Dinoproston zu einer Verkürzung des Intervalls zwischen Einleitungsbeginn und Geburt im Vergleich zu Placebo (PLA) und Dinoproston? Ändert sich das Nebenwirkungsprofil?
Studiendesign: In einer randomisierten, placebokontrollierten, doppelblinden, multizentrischen Studie wurden 120 Nulliparae mit einem Gestationsalter von 37+0 bis 41+3 untersucht. Es wurden entweder 40mg Isosorbid Mononitrat (IMN, 60 Frauen) oder Placebo (PLA, 60 Frauen) in Form von Vaginalsuppositorien in Ergänzung zu Dinoproston 3mg (Prostin®) Vaginaltabletten verabreicht. Diese Medikation wurde zweimal täglich in einem 6-stündlichen Intervall über einen Zeitraum von maximal 2 Tagen durchgeführt.
Ergebnisse: Von den 120 eingeschlossenen Patientinnen konnten 110 (55 IMN/ 55 PLA) ausgewertet werden. Die Baseline-Charakteristika in beiden Gruppen waren ähnlich. Das Intervall zwischen Einleitungsbeginn und Spontangeburt war in der IMN Gruppe 23,4 [SD 12,5] Stunden und in der PLA Gruppe 21,6 [SD 11,3] Stunden (p=0,624). Die Sektiorate und die Anzahl der vaginal-operativen Entbindungen waren in der IMN Gruppe höher (23/55 (41,8%) vs. PLA 15/55 (27,3%); p=0,116). In der IMN Gruppe traten signifikant häufiger Kopfschmerzen auf (IMN 32/55 (58,2%) vs. PLA 2/55 (3,6%), p<0,001), andere Nebenwirkungen waren nicht signifikant unterschiedlich.
Fazit: In Ergänzung zu Dinoproston per vaginam verabreichtes IMN führt zu keiner Verkürzung des Intervalls zwischen Einleitungsbeginn und Geburt; tendenziell kommt es nach multipler Verabreichung von IMN sogar zu einem Nachteil im Vergleich zur PLA-Gruppe. Diese Ergebnisse spiegeln höchstwahrscheinlich einen wehenhemmenden Effekt von IMN wider. Hierbei scheint es sich um eine systemische NO-Wirkung zu handeln; möglicherweise spielt jedoch der first uterine pass effect, d.h. verstärkter Transport und Metabolisierung von topisch angewandten IMN ins Myometrium, eine zentrale Rolle. Weiters führt die Gabe von IMN zu NO-assoziierten Kopfschmerzen in einer Mehrzahl der Patientinnen, so dass das Nebenwirkungsprofil im Vergleich zum Therapie-Regime Dinoproston und Plazebo verschlechtert ist.