Pneumologie 2006; 60(9): 559-562
DOI: 10.1055/s-2006-944312
Leserbrief
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Inhalatives Ciclosporin unterdrückt chronische Abstoßung nach Lungentransplantation

Inhaled Ciclosporin Suppresses Chronic Projection Following Lung TransplantationH.  Gross
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Publication Date:
27 September 2006 (online)

Pneumologie 2006; 60: 274

In der Mai-Ausgabe der Pneumologie 2006; 60 : 274 wird die Studie von Iacono u. Mitarb. [1] aus dem N Engl J Med 2006; 354 : 141-150 zur inhalativen Therapie mit dem seit 25 Jahren in der Transplantationsmedizin systemisch eingesetzten Cyclosporin A (CsA) zusammengefasst und positiv kommentiert.

Sicher ist der inhalative Therapie-Ansatz von Medikamenten zur Minimierung von systemischen Nebenwirkungen, welche die Dosierung oder gar deren Einsatz limitieren, sehr wünschenswert.

Die ersten Publikationen zur CsA-Inhalation erfolgten bereits Mitte der 90er-Jahre, also vor 10 Jahren, natürlich von Iacono u. Mitarb. Damals wurden positive Ergebnisse sowohl in der Behandlung von akuten wie auch chronischen Abstoßungsreaktionen angegeben. Hiervon stimuliert erprobten wir zu meiner Zeit in Kiel diese Therapie in Heilversuchen.

Unsere Erfahrungen in Kiel Ende der 90er-Jahre [2] sowie nicht-publizierte Erfahrungen im gleichen Zeitraum der Berliner Kollegen [3] haben erhebliche Limitationen in der Durchführbarkeit der CsA-Inhalationen ergeben. Diese ergeben sich aus der erheblichen Lipophilie und der dadurch nur schweren Löslichkeit von CsA. Nach Angabe in den Originalarbeiten von Iacono u. Mitarb., erfolgten vorbereitende Inhalationen mit einem Lokalanästhetikum und anschließend einem Bronchospasmolytikum. Im Anschluss erfolgte die Inhalation von in Glykol gelöstem CsA (Zeitaufwand einschl. Vorinhalationen mindestens 30 Minuten pro Patient pro CsA-Inhalation). Trotz der intensiven Vorinhalationen war es den meisten Patienten aufgrund von Nebenwirkungen, wie starker Hustenreiz, zunehmender pharyngealer Reizung mit progredienter Heiserkeit sowie akute Dyspnoeattacken, nicht möglich die CsA-Inhalation längerfristig durchzuführen.

Insofern wird es dem erfahrenen Transplantationsmediziner erklärlich, warum die Studie von Iacono einen Patienten drop-out von 57 % in der Plazebo-Gruppe und 54 % in der CsA-Gruppe hat, zumal 17 % (Plazebo) vs 25 % (CsA) durch Rücknahme der Studieneinwilligung durch die Patienten selbst ohne Angabe von Gründen erfolgte. Die Studie weist weitere erhebliche Limitationen auf. Erstens ist die Prävalenz der Bronchiolitis obliterans in der Placebo-Gruppe mit 50 % nach zwei und 70 % nach drei Jahren nach Transplantation im internationalen Vergleich unerklärt hoch [4], und obwohl die Diagnose eines Bronchiolitis-obliterans-Syndroms [5] (BOS) anhand von spirometrischen Daten (FEV1 und FEF25-75) gestellt wird, ist in der Publikation nicht ein einziger FEV1-Wert und schon gar nicht ein BOS-Stadium angegeben. Weiterhin waren in der Plazebo-Gruppe 80 % der Patienten Einzel-Lungen-transplantiert, während es in der CsA-Gruppe nur 60 % waren. Hieraus ergeben sich signifikante Unterschiede in den FEV1-Ausgangswerten (aufgrund der halbierten Lungenkapazität von Einzel- vs. bilateral Lungentransplantierten) und daraus eine unterschiedliche pulmonale Reserve und damit unschwer erkennbar auch ein unterschiedliches Signifikanzniveau hinsichtlich der Entwicklung der BOS bzw. der verschiedenen BOS-Stadien.

Aufgrund der oben genannten eigenen Erfahrungen und gravierenden Limitationen innerhalb dieser im N Engl J Med publizierten single-center Studie kann ich mich dem positiven Kommentar auf der 2. Seite des Mai-Heftes der Pneumologie nicht anschließen. Weiterhin bleibt offen, warum weltweit innerhalb von 10 Jahren nach den ersten Erfahrungsberichten nur ein Transplantationszentrum über die inhalative Therapie mit CsA in peer-reviewed Journals berichtet, wenn sie denn wirklich erfolgversprechend erscheint.

Literatur

  • 1 Iacono A T. et al . A Randomized Trial of Inhaled Cyclosporin A in Lung-Transplant Recipients.  N Engl J Med. 2006;  354 141-150
  • 2 Pühler T, Boettcher H, Hirt S W. et al. . Inhalatives Cyclosporin A und Methotrexat-Rescue zur Therapie einer Steroid- und OKT-3-resistenten chronischen Abstoßung nach Herz-Lungentransplantation: Ein Fallbeispiel.  Tx-Med.. 1999;  11 (Suppl.) 92
  • 3 Bettmann M. et al .(persönliche Kommunikation.) Berlin: Deutsches Herzzentrum 2003
  • 4 Verleden G. et al . Inhaled Cyclosporine in Lung Transplantation. (Correspondence.)  N Engl J Med. 2006;  354 1752-1753
  • 5 Estenne M. et al .Bronchiolitis Obliterans Syndrome 2001: An Update of the Diagnostic Criteria. 2002

Dr. med. Heidi Böttcher

Medizinische Klinik, Forschungszentrum Borstel

Parkallee 35

23845 Borstel

Email: boettcher-h@web.de

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