Diabetologie und Stoffwechsel 2006; 1 - A256
DOI: 10.1055/s-2006-943981

Verhaltenstherapie im Diabeteszentrum – Nützt Psychotherapie den Patienten etwas?

R Hubel 1, B Albs-Fichtenberg 2, M Bielefeld 2, B Gilles 2, B Liesenfeld 2, A Regnery-Diendorf 2, C Schwarz 2, WH Boesken 2
  • 1Universität Trier, FB I – Klinische Psychologie, Trier, Germany
  • 2Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Trier, Diabeteszentrum, Trier, Germany

Diabetes und Depressionen zeigen eine erhöhte Komorbidität auf. Aber auch andere psychische Störungen wie Spritzenphobien oder Ängste vor Unterzuckerungen und Folgeerkrankungen spielen in der praktischen Diabetologie eine bedeutsame Rolle. Untersucht werden sollte, welche psychische Störungen bei Diabetes-Patienten eines ambulanten Diabeteszentrums, die von den dortigen Diabetologen und Diabetes-Beraterinnen aufgrund von non-compliance oder psychischem Leidensdruck an den Psychologen der Ambulanz verwiesen wurden, diagnostiziert werden können und ob sich eine Psychotherapie (Verhaltenstherapie) positiv auf Stoffwechselparameter auswirkt. Insgesamt wurden innerhalb eines Jahres 24 Patienten (17 weiblich, durchschnittliches Alter: 42 Jahre) zusätzlich psychotherapeutisch betreut. Am häufigsten wurden depressive Störungen (7 Fälle), gefolgt von Ängsten (3 Fälle) und anderen psychischen Problemen diagnostiziert. 66% der Patienten nahmen an mehr als einem psychologischen Gespräch teil. Solche Patienten zeigten u.a. eine Verbesserung ihres Langzeitblutzuckerwerts (HbA1c: -0.9%) nach Abschluss der Gespräche. Patienten, die an mindestens 15 Sitzungen teilnahmen, erschienen zu Beginn der Therapie zumeist jünger, mit einer besseren diabetologischen Einstellung und eher keinen körperlichen Erkrankungen. Die Ergebnisse lassen sich so interpretieren, dass gesündere Patienten oftmals erst die Motivation mitbringen, um an mehreren Gespräche teilzunehmen. Umgekehrt haben Patienten mit Folgeerkrankungen des Diabetes häufiger geringere Ressourcen zur Durchführung einer Therapie. Es wird geschlussfolgert, dass sich betroffene Patienten aufgrund der Doppelbelastung von Diabetes und psychischer Problematik nicht mehr adäquat um ihre Blutzuckereinstellung kümmern können, eine Psychotherapie jedoch vor allem bei Patienten mit psychischen Ressourcen zu einer Verbesserung der diabetologischen Einstellung führen kann. Alternativ ergibt sich, dass für belastetere Patienten möglicherweise eher supportive psychologische Angebote wie Entspannungstrainings indiziert sein könnten