Diabetologie und Stoffwechsel 2006; 1 - A107
DOI: 10.1055/s-2006-943832

Screening auf Insulinresistenz in der Praxis: Vergleich von Nüchtern-Bestimmungen mit dem OGT-Test bei 1555 Frauen in Bezug zum Gewichtsstatus

L Moltz 1, S Wiegand 2, R Holl 3
  • 1Gynäkologisch-endokrinologische Schwerpunktpraxis, Berlin, Germany
  • 2Charité Kinderklinik, Universitätsmedizin Berlin, Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie, Berlin, Germany
  • 3Universität Ulm, Abteilung Epidemiologie, Ulm, Germany

Einleitung: Die Insulinresistenz ist die zentrale pathogenetische Komponente des Metabolischen Syndroms. Für breitangelegte Screening-Untersuchungen ist in der Praxis eine einfache Diagnostik mit hoher Sensitivität und Spezifität notwendig.

Methodik: Im Rahmen einer freiwilligen Gesundheits-Vorsorgeuntesuchung wurde bei 1555 Frauen (med. Alter: 41 Jahre, Q1-Q3: 30–51 Jahre) OGT-Teste mit Bestimmung von BZ und Insulin durchgeführt. Ausgewertet wurden Nüchtern-Insulin, HOMA-Index und Insulinsensitivitätsindex nach Matsuda im OGT-Test.

Ergebnisse: 770 Patientinnen hatten normale OGT-Ergebnisse, 348 eine gestörte Nüchternglukose, 312 eine gestörte Glukosetoleranz und 125 einen Diabetes (ADA-Klassifikation). Alle 3 Maßzahlen der Insulinresistenz stiegen kontinuierlich mit zunehmender KH-Intoleranz an. Bezogen auf die 75. Percentile Normalgewichtiger (WHO-Empfehlung) hatten 35% der übergewichtigen Frauen erhöhte Nüchterninsulinwerte. Dieser Anteil stieg für den BMI-Bereich 30–35kg/m2 auf 60.1%, für 35–40kg/m2 auf 70.9% und für Patientinnen >40kg/m2 auf 86.9% an. Nüchterninsulin und HOMA-Index korrelieren eng (r=0.98). Wird der aus dem OGTT errechnete Insulinsensitivitätsindex nach Matsuda mit dem Nüchtern-Insulinwert verglichen, so errechnet sich eine Sensitivität von 80.1% und eine Spezifität von 89.9% (HOMA-Index: Sensitivität 83.4%, Spezifität 88.9%). In einer logistischen Regressionsanalyse ist das relative Risiko für Hyperinsulinismus bereits bei übergewichtigen Patientinnen erhöht (OR: 1.7 [1.3–2.4]) und steigt für den BMI-Bereich 30–35kg/m2 auf 4.8 [3.4–6.7], für 30–40kg/m2 auf 7.7 [4.9–11.8] und für extrem adipöse Patientinnen mit einem BMI >40kg/m2 auf 19.7 [10.7–36.2] an. Weitere signifikante Einflussfaktoren waren Alter und familiäre Diabetesbelastung.

Schlussfolgerung: Nüchterninsulinwerte bzw. HOMA-Index spiegeln die Insulinresistenz zuverlässig wieder, Haupteinflussfaktor ist das Ausmaß des Übergewichts. Da jedoch 33% adipöser Patientinnen keine Insulinresistenz aufweisen, ist eine individuelle Diagnostik notwendig.