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DOI: 10.1055/s-2006-941474
Diabetes Deutschland - Ein Vorschlag zur Konzentrierung der Kräfte in der Diabetologie
Diabetes Deutschland - A Proposal for Concentrating Ressources in DiabetologyPublication History
Publication Date:
19 May 2006 (online)
Die Landschaft der Diabetes-Organisationen, wie sie heute besteht, hat sich in den letzten 50 Jahren allmählich, den aktuellen Bedürfnissen entsprechend, entwickelt. Der „Deutsche Diabetiker Bund” (DDB), die Vereinigung der Betroffenen, wurde bereits 1951 gegründet, 1964 folgte die „Deutsche Diabetes-Gesellschaft” (DDG) als primär wissenschaftliche Gesellschaft, 1974 eine weitere Selbsthilfeorganisation, der „Bund diabetischer Kinder und Jugendlicher” (BdKJ) und schließlich 1992 der „Verband der Diabetesberater/innen in Deutschland (VDBD). Gemessen an der Entwicklung der Mitgliederzahlen haben alle Organisationen ganz offensichtlich ihr Arbeitsfeld in der Diabetologie gefunden: Der DDB hat heute ca. 40 000 Mitglieder, die DDG über 7000, der BdKJ ca. 5000 und der VDBD ca. 3000 Mitglieder. Im Jahre 1990 haben sich DDB, DDG und BdKJ in der „Deutschen Diabetes-Union” (DDU) zusammengeschlossen und sind seither über diese Dachorganisation in der International Diabetes-Federation (IDF) vertreten; seit 2004 ist auch der VDBD Mitglied in der DDU. Als eine Einrichtung zur Akquirierung von Spendengeldern wurde die „Deutsche Diabetes-Stiftung” (DDS) 1985 gemeinsam von DDB und DDG als Stiftung öffentlichen Rechts gegründet.
BdKJ, DDB, DDG, DDS, DDU, VDBD: Auf den ersten Blick ist diese Vielfalt der Organisationen verwirrend und wird von mancher Seite als Zersplitterung der Diabetologie gedeutet, vor allem, wenn man bedenkt, dass in dieser Aufzählung die berufspolitischen Vereinigungen und das „Nationale Aktionsforum Diabetes mellitus” (NAFDM; gegründet 2004) noch gar nicht enthalten sind. Ich würde nicht so weit gehen, von einer Zersplitterung zu sprechen. Die Organisationen haben sich ja nicht aus einem bereits existierenden Verein abgespalten, sondern sie entstanden, weil ihre Gründer die von ihnen als wichtig erachteten Interessen durch die bereits existierenden Vereine nicht ausreichend vertreten sahen. Das Problem ist weniger die Frage, ob die Diabetes-Landschaft zersplittert ist, sondern, ob nicht durch eine Konzentrierung der Kräfte die gemeinsamen Aufgaben in der Diabetologie besser und effektiver gelöst werden können.
Als BdKJ, DDB, DDG und VDBD gegründet wurden, war der Diabetes eine eher seltene Erkrankung und weit davon entfernt, ein gesundheitspolitisches Problem zu sein. Dies hat sich inzwischen gründlich geändert. Die Diabetesprävalenz, die 1966 0,6 % betragen hat, nähert sich inzwischen der Marke von 10 % und die Krankheit Diabetes verschlingt inzwischen 10 % aller Ausgaben der Krankenversicherungen. Leider hat der Einfluss der verschiedenen diabetologischen Verbände auf gesundheitspolitische Entscheidung nicht dementsprechend zugenommen. Aus Sicht des Vorstandes der DDG kann ich nur feststellen, dass es zur Zeit nahezu unmöglich ist, beim Gesundheitsministerium und seinen untergeordneten Stellen (z. B. Gemeinsamer Bundesausschuss) auch nur Gehör zu finden, geschweige denn, irgendwelche Entscheidungen zu beeinflussen.
Lässt sich dieser Zustand ändern? Ein Weg könnte der sein, den die Diabetologie in den angloamerikanischen Ländern schon vor einiger Zeit gegangen ist, die Vereinigung der Organisationen der Betroffenen, der Diabetesberaterinnen und der Ärzte in einer gemeinsamen Organisation. Für die Situation in Deutschland würde dies bedeuten: Auflösung von BdKJ, DDB, DDG und VDBD und Eintritt aller bisherigen Mitglieder (ca. 55 000 Mitglieder) in eine neue Organisation mit dem vorgeschlagenen Namen „Diabetes Deutschland”. Diabetes Deutschland erhält eine professionelle Geschäftsführung und eine Struktur ähnlich der von ADA bzw. Diabetes UK, angepasst an die spezifischen deutschen Verhältnisse.
Was ist von diesem Zusammenschluss zu erwarten? Ich erwarte folgende Auswirkungen:
Der politische Einfluss von Diabetes Deutschland und seine Wahrnehmung durch die Öffentlichkeit wird im Vergleich zu den Einzelverbänden deutlich größer sein. Es werden sich durch den Zusammenschluss deutliche Synergieeffekte einstellen (Geschäftsstelle, Pressearbeit u. a.) was zu einer Professionalisierung der Arbeit der Organisation führen wird.
Diabetes Deutschland muss so strukturiert sein, dass die spezifischen Aktivitäten der Einzelverbände erhalten bleiben. Für die Mitglieder der DDG, die befürchten, dass die Wissenschaft in Diabetes Deutschland nicht den notwendigen Stellenwert haben wird, sei auf ADA und Diabetes UK verwiesen. Die Ausgaben von Diabetes UK für wissenschaftliche Projekte liegen um den Faktor 10, die der ADA um den Faktor 100 über denen der DDG.
Diabetes Deutschland ist zur Zeit eine Idee, wenn sie so wollen, eine Vision, in den Köpfen der Vorstandsmitglieder der DDG. Bisher hat ein informatives Vorgespräch mit Vertretern der anderen Organisationen stattgefunden. Bevor es zu weiteren Gesprächen kommt, sollten Sie, die Mitglieder der DDG mir mitteilen, wie Sie über Diabetes Deutschland denken. Ich brauche von Ihnen das Mandat zu weiteren Aktivitäten bzw. zur Einstellung dieser Aktivitäten.
Ich bitte Sie, teilen Sie mir Ihre Meinung, am besten als E-mail in den nächsten Tagen, auf alle Fälle, vor der Jahrestagung in Leipzig mit.
Prof. Dr. Wolfgang Kerner
Präsident der DDG
Klinikum Karlsburg
Greifswalder Str. 11
17495 Karlsburg
Email: prof.kerner@drguth.de