Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin 2007; 17(1): 50-52
DOI: 10.1055/s-2006-940197
Meinungsbeitrag

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Zur Geschichte der Rehabilitation - eine ganz andere Sicht[1]

The History of Rehabilitation - Quite Another ViewP. Nischan 1
  • 1Deutsche Rentenversicherung Bund, Geschäftsbereich Sozialmedizin und Rehabilitationswissenschaften
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eingegangen: 7. September 2006

angenommen: 19. Oktober 2006

Publication Date:
09 March 2007 (online)

„Vierzig Stuben, drei große Säle, und nischte drin wie Ratten und Mäuse. Wo soll a da die Interessen [Zinsen] ufbringen?” - Die Rede ist von Siebenhaar, Besitzer des Hotels „Zum grauen Schwan” und mit „ebens auch a Puckel voll Sorgen”, weil er nämlich, um auszubauen, Schulden gemacht hat und nun wegen ausbleibender Kurgäste in Geldnöten ist. Gesprochen hat es Hauffe, Kutscher beim Fuhrunternehmer Henschel, der wiederum mit Frau und Kind in der Kellerwohnung des Hotels lebt. Glücklicherweise kommt der Frühling wieder und mit ihm die ersten Gäste. Also entspannt sich die Situation zunächst, es gibt zu tun. „Wir haben heut - warten Sie mal! - zu Tisch: erstlich - die Bassgeige, zweitens ein Cello, drittens zwei erste, zwei zweite Geigen. Drei erste, zwei zweite, drei zweite, zwei erste: jetzt sind sie mir durcheinandergefallen. Kurzum, zehn Mann von der Kurkapelle …Was glauben Sie wohl, was die Bassgeige frißt?”, so Wermelskirch, der die Schenkstube im Hotel bewirtschaftet, in schäkerndem Ton zum Dienstmädchen Hanne.

Der größere Rahmen ist das Schauspiel „Fuhrmann Henschel” von Gerhart Hauptmann, welches in einem schlesischen Badeort in den 60er-Jahren des 19. Jahrhunderts spielt. Mehr noch, die Szenerie des Stückes widerspiegelt Hauptmanns Umgebung und Erfahrungen der Kindheit. Geboren und aufgewachsen im schlesischen Badeort Ober-Salzbrunn (heute Szczawno Zdrój), der Vater Besitzer des Hotels „Zur Preußischen Krone”, der Großvater Leiter des Badeortes mit dem Titel Brunneninspektor, die Familie selbst im Besitz einer Quelle, verwundert es nicht, wenn es autobiografisch heißt: „Die Quelle, der Brunnen war eines der ewigen Themen am winterlichen Familientisch.” Folglich empfiehlt gelegentlich-Siebenhaar hat's mit dem Hals!-auch Henschel: „Immer tichtig Brunnen trinken. Der heilt een'm aus. Und nich a Miehl-brunnen, ooch nich a Oberbrunnen! Unsre Quelle, die is am besten.” In der reinen Dialektfassung liest sich die Empfehlung so: „Immer tichtig Born trinke. Der heelt eem aus. Und ni a Miehlborn, o ni a Oberborn! Inse Quelle, die is oam besta.”

„Fuhrmann Henschel” ist 1898 erschienen und ist die Beschreibung eines Einzelschicksals in einer Ehetragödie. Anders das soziale Drama „Die Weber” (erschienen 1891, auch erst als Dialektfassung), das das Elend der schlesischen Weber und deren Aufstand im Jahr 1844 verarbeitet. Als Hauptmann die Arbeit daran aufnimmt, reist er in das Webergebiet und ist tief erschüttert, dass sich fast 50 Jahre danach die Lebensbedingungen nicht verändert haben. Über das Stück kommt es zu anhaltenden Auseinandersetzungen mit der Zensurbehörde. Nach mehreren Verboten wird die Aufführung im Deutschen Theater in Berlin ein Erfolg, sie wird von vielen Berühmtheiten besucht: Theodor Fontane, Wilhelm Liebknecht, August Bebel, mit dem Hauptmann eine Freundschaft verband, Thomas und Heinrich Mann, Käthe Kollwitz, Lenin, der seine Schwester das Stück übersetzen ließ. Unnötig zu sagen, dass die Meinungen geteilt waren. Kaiser Wilhelm II. war erst gar nicht unter den Besuchern; er hatte aus Protest seine Loge gekündigt.

Es sei noch gestattet, am Rande eine kleine persönliche Begebenheit anzufügen. Eine Lieblingsge-schichte meiner Mutter-wer könnte dies nicht nachsehen?-rankte sich um eine Begegnung mit Gerhart Hauptmann in Agnetendorf (heute Jagniatków). Als junges, zierliches Mädchen „in Stellung”, kommt sie an seinem Haus Wiesenstein vorbei, eine dieser früher üblichen großen Milchkannen schleppend. Hauptmann, der sich im Garten befindet, spricht sie auf die große Last an.

Welches ist nun der Grund, auf die Person Gerhart Hauptmann und sein Stück „Fuhrmann Henschel” einzugehen? Es ist die Verbindung zum Kur- und Bäderwesen und über diese Wurzel auch hin zur Rehabilitation heutigen Verständnisses. Hauptmann ist das jüngste von drei ausgewählten „Fallbeispielen” mit diesem Bezug; die Geschehnisse erstrecken sich über zwei Jahrhunderte.

Wir gehen runde 100 Jahre weiter zurück zum zweiten Beispiel. Da notiert Johann Peter Eckermann für den 15. September 1823: „Goethe ist von Marienbad glücklich zurückgekommen, … Er ist wohl und rüstig, sodass er einen Weg von mehrern Stunden zu Fuß machen kann, und es eine wahre Freude ist ihn anzusehen.” Profuit! Und nicht schlecht, „mecht ma sprecha” (Hauptmannsches Schlesisch, Lektion 3) - Goethe ist 74 Jahre alt. Solche ausdauernde Mobilität und vor allem aufsolche Weise, also ohne technisches Hilfsmittel: man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass das für so manchen heutigen Zeitgenossen außerhalb des Vorstellungsvermögens zu liegen scheint.

Obschon dies Goethes letzter Kuraufenthalt ist, viele sind ihm vorausgegangen (jemand hat über 30 gezählt). Die Orte wechselten, besonders häufig besuchte er aber die böhmischen Bäder Karlsbad, Marienbad, Franzensbad, Teplitz. Gerade zu Zeiten der napoleonischen Unruhen werden sie bevorzugt und ausgesprochen lange besucht, da hier die Welt noch in Ordnung ist. Ab 1813 gibt es mit dem von Goethe mitbegründeten Bad Berka so-gar einen Kurort unweit von Weimar. Goethe ist dort an der Gestaltung der Brunnenanlage beteiligt und ist im Frühjahr 1814 Gast für einige Wochen. Auch hier gibt es einen Badeinspektor, Johann Heinrich Friedrich Schütz, der zugleich Organist ist. Ihm kommt das Verdienst zugute, Goethe die Musik von Johann Sebastian Bach nahe gebracht zu haben. Vor allem wird aber Goethes Musikverständnis von seinem engen Berliner Freund Carl Friedrich Zelter mitbestimmt; dessen Einfluss auf Goethe wird von Kritikern nicht nur positiv gesehen.

Die Motive für die Kuraufenthalte waren durchaus vielfältig. Ab-stand von den Staatsgeschäften war sicher nötig, um Muße für die sonst kaum zu verfolgenden Interessen zu haben, beispielsweise Zeichnen oder mineralogische und geologische Studien. Aber vielleicht war mitunter auch Abstand vom Hause am Frauenplan vonnöten. Es gibt nämlich Zungen, die meinen, dass der Geheimrat unter dem Pantoffel von Christiane gestanden hätte. Wichtig ist auch der Gedankenaustausch mit den aus vielerlei Richtungen angereisten Persönlichkeiten am Orte. Ja und dann sind da noch die Vertreterinnen des anderen Geschlechts. Und schließlich geht es auch um die Gesundheit. Goethes erste Kur in Karlsbad wegen einer schweren gesundheitlichen Krise im Jahr 1785 geht zurück auf Anraten seines Arztes Christoph Wilhelm Hufeland, auch Professor in Jena und später erster Dekan der Charité (Hauptwerk: „Die Kunst, das menschliche Leben zu verlängern”).

Doch ein Ereignis ragt ganz besonders heraus. „Seit Jahrhunderten hat das Schicksal das Zusammentreffen der zwei Gestirne der Dichtung und der Musik vorbereitet. Die Stunde ist gekommen …” (Romain Rolland) Damit ist „… die Begegnung der beiden Sonnen, Beethoven und Goethe” in Teplitz im Juli des Jahres 1812 gemeint. Beethoven befindet sich dort zur Kur. Zugleich sind eine Reihe Fürstlichkeiten anwesend, darunter die Kaiserin Maria Ludovica Beatrice von Österreich, die Goethe zwei Jahre zuvor kennen gelernt hatte. Goethe wird von seinem Herzog Carl August nach Teplitz gerufen, weil die Kaiserin ihn zu sprechen wünscht. Goethe kommt, und er besucht auch Beethoven mehrfach.

Es ist Beethoven, der den anderen ein Leben lang kennt und begeistert liest. Er hat Gedichte vertont und vor zwei Jahren die Musik zum „Egmont” geschrieben (Dichtung und Musik sind nicht mehr zu trennen, es ist ein Werk beider.-Reich-Ranicki). Beethoven setzt sich damit auseinander, den „Faust” zu komponieren. Er spielt Goethe aufdem Klavier vor, und dieser ist von dem Können und der Musik gerührt. Beethoven aber erwartet mehr, er will verstanden werden. Die Charaktere der beiden Männer können verschiedener nicht sein. „Beethoven habe ich in Töplitz kennen gelernt. Sein Talent hat mich in Erstaunen gesetzt; allein er ist leider eine ganz ungebändigte Persönlichkeit …”, schreibt Goethe an Zelter, und Beethoven an seine Verleger: „Goethe behagt die Hofluft zu sehr …”

Eine Schlüsselrolle im Verhältnis der beiden Männer kommt Bettina von Arnim zu. Sie hatte vor einigen Jahren Goethes Liebesbriefe an ihre Mutter entdeckt. Seitdem ist sie Goethe mit kindlicher Leidenschaft verbunden, und als Vertraute von Goethes Mutter gelingt es ihr, sich ihm im Jahr 1807 zu nähern. Beethoven, von dem sie tiefbeeindruckt ist, kennt sie seit zwei Jahren. So hat sie auch gegenüber Goethe von Beethoven geschwärmt und aufein Zusammentreffen der beiden hingearbeitet. Aber im September 1811 brach Goethe mit ihr. Anlass war eine ironische Bemerkung Bettinas über die Gemälde einer Ausstellung eines Freundes des Hauses. Christiane war außer sich. Es kam zu einem handfesten Krach, und Bettina wurde vor die Tür gesetzt. Dies mag Beethoven, der seinerseits ebenfalls von der unkonventionellen, vor Ideen sprühenden Bettina fasziniert war, Goethe gegenüber nicht gerade milde gestimmt haben. - Bettinas Mitgefühl und öffentliches Engagement gehören den Notleidenden. Später, in der Mitte des Jahrhunderts, wird sie sich im Lager der Staatsfeinde wiederfinden und unter anderem dem Vorwurf ausgesetzt sehen, eine Ursache des schlesischen Weberaufstandes zu sein.

Von Bettina überliefert ist die Schilderung der berühmten Szene, als den beiden Männern aufeinem Spaziergang die Kaiserin und der Hof begegnen. Goethe tritt zur Seite, den Hut ziehend und sich tiefverbeugend. Beethoven geht mit verschränkten Armen zwischen ihnen hindurch und wartet aufGoethe: „AufEuch hab ich gewartet, weil ich Euch ehre und achte, wie Ihr es verdient, aber jenen habt Ihr zuviel Ehre angetan.”

Ende Juli 1812 verlässt Beethoven Teplitz, weil ihn sein Arzt nach Karlsbad schickt. Auch Goethe wird sich dort einige Tage aufhalten, es ist aber nicht bekannt, ob die beiden sich noch einmal begegnet sind. Mit Rollands Worten: „Die Stunde ist vorüber. Sie sind sich begegnet, und sie fliehen einander. Eine neue 1000-jährige Periode muss durchwartet werden.” Beethoven wird Goethe im Jahr 1823 noch einmal schreiben und um Unterstützung bitten. Der Brieferreicht Goethe in einem Augenblick, da er lebensbedrohlich erkrankt ist. Einige Monate später folgt der eingangs erwähnte Kuraufenthalt in Marienbad. Warum Goethe, in diesen Dingen sehr genau, nicht geantwortet hat, darüber gehen die Meinungen weit auseinander.

Schließlich blicken wir noch einmal weitere 100 Jahre zurück. Das ist die Zeit des letzten Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716). Sein Betätigungsfeld ist enorm, eben universell. Wir erlauben uns deshalb zu fragen, wie er es mit der Rehabilitation hält.

Ein Beispiel des Schaffens, vermutlich das bekannteste, ist die Infinitesimalrechnung, die Leibniz und Newton unabhängig voneinander entwickelten. Die Leibniz'sche Schreibweise hat sich durchgesetzt, sodass nicht nur der Punkt für „mal” und der Doppelpunkt für „geteilt durch” von Leibniz stammen, sondern auch die Schreibweise für den Differenzialquotienten und das Integralzeichen. (Von letzterem meinen manche, es sähe wie ein Folterwerkzeug aus. Das ist falsch: es ist bezeugt, dass diese Charakterisierung dem Paragraphenzeichen gebührt). Leider ist der von Newton auf das Schärfste und mit unlauteren Mitteln geführte Prioritätenstreit-Newton bezichtigte Leibniz des Plagiats-nicht spurlos an Leibniz vorübergegangen.

Weniger bekannt sind Leibniz' Überlegungen und Vorschläge zur Entwicklung der Medizin. Dabei räumt er ihnen einen hervorragenden Rang ein: „Post studium virtutis nullum est magis necessarium quam sanitatis …” Sie erstrecken sich über die ganze Bandbreite von Diagnostik und Therapie bis zur Organisation des Gesundheitssystems, und sie sind mitunter erstaunlich aktuell. Wie sollen die Armen versorgt werden? Wie werden die Ärzte bezahlt? Auch kritisiert er den Zeitdruck des Ärztes, für den ein Grund der Mangel an Ärzten ist: „… so bin ich zuförderst der Meinung, dass der Juristen insgesamt zu viel, der Medicorum aber zu wenig sein.” (Man beachte, dass Leibniz selbst Vollblutjurist ist).

Leibniz ist aufgeschlossen gegenüber dem Erfahrungsschatz: er möchte ihn systematisieren aber auch experimentell überprüfen. Der Zusammenhang von Ernährung und Krankheit lässt sich durch Beobachtung von Personen, die sich unterschiedlich ernähren, untersuchen. Aber: „Man mus etliche zusammen ha-ben.” Und zu beachten sind die Konsequenzen, die sich aus dem Vorhandensein anderer Faktoren ergeben. Also Stichprobenumfang und Vergleichbarkeit der Untersuchungsgruppen, zwei Punkte der klinischen und epidemiologischen Studienmethodik, denen noch heute nicht immer die gebührende Fürsorge zuteil wird. Die Rolle der sorgfältigen Dokumentation wird wiederholt betont; zum Beispiel sind Befragungen durch den Arzt und Fragebogen für die Patienten - interrogatoria exactissima-ein gutes Mittel, Verläufe festzuhalten. Leibniz will Krankheit auch abgestuft und entsprechend behandelt sehen, womit ein Element ins Spiel kommt, das uns an den Begriff Lebensqualität erinnert. Schließlich soll aus der Vielzahl der Gedanken noch der psychosomatische Ansatz erwähnt werden: Leibniz fragt, was die Vorstellungskräfte in der Behandlung vermögen.

Leibniz zeichnet aus, dass für ihn Theorie und Praxis gleichermaßen von Wichtigkeit waren, daher auch sein Wahlspruch „theoria cum praxi” für die von ihm gegründete und geleitete brandenburgische Sozietät der Wissenschaften. Das Angebot einer Professur hatte er schon frühzeitig abgelehnt, weil damit zu wenig Spielraum für praktisches Wirken verbunden gewesen wäre. So hatte Leibniz weit reichende entwicklungspolitische Visionen. Russland, das er als Betätigungsfeld für Reformen vielfältiger Art sah, fand sein besonderes Interesse. Auf der anderen Seite hatte Russland mit Zar Peter dem Großen einen reformbewussten Herrscher. Leibniz bemühte sich also nach Kräften, den Zaren zu treffen, um ihn von seinen Reformplänen zu überzeugen. Im Jahr 1697 reiste der Zar nach Holland, um Schiffbau zu erlernen. Bei Hannover gab es ein Treffen mit der Kurfürstin. Leibniz, der in hannoverschen Diensten stand, war „von Neugierde geplagt”, den Zaren zu sehen. Es ergab sich jedoch keine Möglichkeit, den Zaren zu sprechen. Erst im Jahr 1711 anlässlich der Hochzeit des Zarensohnes in Torgau an der Elbe gelang es ihm, eine Audienz zu erwirken. Leibniz übergab einen Plan mit zehn Punkten. Ein zweites Zusammentreffen gab es schon im folgenden Jahr, und zwar diesmal in Karlsbad, wo sich der Zar zur Kur befand. Ein Ergebnis des Treffens war Leibniz' Ernennung zum Geheimen Justizrat und die offizielle Übertragung einer Beraterfunktion. Ein weiteres und letztes Mal sprach Leibniz den Zaren im Jahr 1716, diesmal in Pyrmont, wo sich der Zar wegen seines schlechten Gesundheitszustandes aufhielt.

Leibniz wäre nicht Universalgelehrter, wenn nicht vor allem auch Philosoph. Es entsteht zum Beispiel die Theorie der Mona-den in dem Bemühen, die strikte Trennung von Materie und Geist irgendwie aufzuheben. Monaden, aus denen die Welt besteht, sind geistige Größen, die zugleich die materielle Welt hervorbringen. (Näheres kriegen wir später. Denn die Leibniz'sche Philosophie ist nicht leicht wiederzugeben, so Bertrand Russell). Auch ist da Leibniz' optimistisches Weltbild, weil wir „in der besten aller möglichen Welten” lebten und alles ein gutes Ende nehme. Dies konnte nun nicht unwidersprochen bleiben.

Wie man nachweist, dass alles bestens eingerichtet ist, zeigt uns scharfsinnig und ohne zu ermüden Doktor Pangloß, der philosophische Lehrer von Candide (Voltaire: Candide oder Der Optimismus). Seiner Argumentation - unsere Nasen sind gemacht, Brillen zu tragen, folglich haben wir Brillen - kann man sich schwerlich entziehen. Doktor Pangloß hat sich zu vielem geäußert, ob auch zum Sein der Rehabilitationswissenschaften, ist nicht überliefert. Sein logisches System aber einmal verstanden, ist ein wahrscheinlicher Gedankengang: Bleistifte sind gemacht anzukreuzen, folglich haben wir Fragebögen.

Candide und seine Freunde machen bei ihren Abenteuern ziemlich üble Erfahrungen. Es scheint, dass wenigstens Candide Zweifel an der Pangloß'schen Lehre kommen, die Wahrheiten also möglicherweise doch tiefer liegen würden. Gerät dann der Disput über die Wirkungen der Ursachen ins Stocken, schlägt Candide auch schon mal vor, den Garten zu bestellen. Wenn man aber genau hinhört, Verzeihung hinschaut, dann heißt es dort „rehabilitationswissenschaftlicher Garten”.

1 Herrn Professor Werner Müller-Fahrnow, Charité - Universitätsmedizin Berlin, zum 60. Geburtstag.

Literatur

  • 1 Diers M. Bettine von Arnim. München: Dt. Taschenbuch-Verlag 2001
  • 2 Eckermann JP. Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Le-bens (hrsg. von R. Otto). München: Beck 1984
  • 3 Hartmann F. Gottfried Wilhelm Leibniz und seine Anforderungen an eine Medizin der Aufklärung. Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz. Stuttgart: Steiner 1993
  • 4 Hauptmann G. Sämtliche Werke (hrsg. von H.-E. Hass). Berlin: Propyläen 1996
  • 5 Hirsch EC. Der berühmte Herr Leibniz: eine Biographie. München: Beck 2000
  • 6 Kubba AK, Young M. Ludwig van Beethoven: a medical biography.  Lancet. 1996;  347 16-170
  • 7 Reckendorf H. Goethes Ansichten zu Gesundheit, Krankheit und Tod. Landsberg/Lech: ecomed 1996
  • 8 Rolland R. Goethe und Beethoven. Frankfurt: Insel Verlag 1999
  • 9 Russell B. Denker des Abendlandes. Berlin, Darmstadt, Wien: Dt. Buch-Gemeinschaft 1970
  • 10 Voltaire . Candide oder Der Optimismus. München: Dt. Taschenbuch-Verlag 2005
  • 11 Wenzel M. Goethe und die Medizin. Frankfurt: Insel Verlag 1993

1 Herrn Professor Werner Müller-Fahrnow, Charité - Universitätsmedizin Berlin, zum 60. Geburtstag.

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