Gesundheitswesen 2006; 68 - A52
DOI: 10.1055/s-2006-939626

Mögliche Gesundheitsgefahren durch nachträgliche Epoxidharz-Beschichtung von Trinkwasser-Hausinstallationen – Umgang mit der Problematik durch das Gesundheitsamt

F Tedsen-Ufer 1, C Brandt 1
  • 1Gesundheitsamt Charlottenburg-Wilmersdorf, Berlin

Hintergrund: Seit mehr als 15 Jahren werden in Deutschland zur Rohrinnensanierung Trinkwasserleitungen vor Ort mit Epoxidharz beschichtet. Diese Verfahren waren lange Zeit umstritten, da keine genügende gesundheitliche Bewertung der Beschichtungsstoffe vorlag. 1998 mussten von Bundesoberbehörden entsprechende Empfehlungen zurückgezogen werden, denen hilfsweise Bewertungen nach dem Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz zu Grunde lagen. Erst 2003 veröffentlichte das Umweltbundesamt im Sinne § 17 Trinkwasserverordnung eine ständig aktualisierte „Leitlinie zur hygienischen Beurteilung von Epoxidharzbeschichtungen im Kontakt mit Trinkwasser“. Hier werden Epoxidharzsysteme aufgeführt, die den Anforderungen entsprechen. Für den Einsatzbereich der Vor-Ort-Beschichtung wurde erstmalig im Sommer 2005 (!) eine Zubereitung empfohlen, die die Migrationstestverfahren im Labor bestanden hat. Die technischen Anforderungen des Verfahrens sind seit April 2005 durch das DVGW-Arbeitsblatt W 548 geregelt.

Problemstellung: Das Problem des Verfahrens ist, in allen Leitungsabschnitten eine gleichmäßig dünne Schicht zu erreichen. Schwachstellen sind Verbindungsstellen und waagerechte Rohrleitungsabschnitte. Es kommt zu unkontrollierbaren Schichtdicken, die eine unterschiedliche und ungenügende Aushärtungszeit nach sich ziehen.

Ergebnis: Im vorliegenden Fall kam es nach Beschichtung einer weit verzweigten Hausinstallation zu geruchlichen und geschmacklichen Veränderungen des Trinkwassers und zum Eintrag von Ausgangstoffen des Epoxidharzes wie Schwefelverbindungen. Zusätzlich trat in dem nicht klaren Wasser eine Kontamination mit Legionellen auf (>10.000 KBE

/100ml).

Im vorliegenden Fall wurde durch das Gesundheitsamt eine teilweise Sperrung des Trinkwasserversorgungssystems angeordnet. Die Hausbesitzer entfernten die beschichteten Leitungen.

Der öffentliche Gesundheitsdienst sollte zeitnah fehlende Langzeituntersuchungen des Trinkwassers aus vor Ort mit Epoxidharz beschichteten Leitungen inaugurieren. Denn die gesundheitliche Bewertung von Beschichtungmittelinhaltsstoffen wie Bisphenol A, Epichlorhydrin und BADGE resultiert lediglich aus Migrationstests unter Laborbedingungen. Das Berliner Gesundheitsamt Charlottenburg-Wilmersdorf steht als Koordinationsstelle zur Verfügung.