Pneumologie 2006; 60 - V362
DOI: 10.1055/s-2006-934059

Die Kapnovolumetrie in der Lungenfunktionsdiagnostik und ihre Anwendung beim Kalb

S Reißig 1, J Jäger 1, A Langenberg 1, HJ Smith 2, P Reinhold 1
  • 1Institut für Molekulare Pathogenese im Friedrich-Loeffler-Institut (Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit)
  • 2VIASYS Healthcare, Höchberg

Fragestellung: Kapnovolumetrie ist die graphische Darstellung des CO2-Gehaltes der Exspirationsluft gegen das Exspirationsvolumen. Das Verfahren ermöglicht die Identifizierung von Störungen der Funktionen der äußeren Atmung. Während die humanmedizinische Lungenfunktionsdiagnostik ihre konventionelle Technik bereits seit einigen Jahrzehnten um die Methode der Kapnovolumetrie ergänzt, konnte diese sich in der Veterinärmedizin bisher nur zögerlich verbreiten. Einzig für das Pferd wurde das Verfahren bereits validiert. In der vorliegenden Studie wurde geprüft, inwieweit die Kapnovolumetrie Lungenfunktionsstörungen bei Kälbern erfasst. Methodik: Zwölf Kälber aus einem bezüglich respiratorischer Erkrankungen unauffälligen Rinderbestand (Versuchsgruppe 1) und 13 Kälber aus Beständen mit einer Häufung klinisch manifester Atemwegserkrankungen (Versuchsgruppe 2) nahmen an der Studie teil. Über einen Zeitraum von sechs Monaten wurde jedes Kalb sechs mal im Abstand von vier Wochen mittels „MasterScreen Capno“ (VIASYS Healthcare) kapnovolumetrisch untersucht. Die Analyse der Kapnogramme beinhaltete die Bestimmung des endexspiratorischen CO2-Wertes (CO2et), des pro Exspiration abgegebenen CO2-Volumens, der Anstiege der Phasen II und III, der Mischluftvolumenanteile zwischen 25% und 50% sowie 50% und 75% des endexspiratorischen CO2-Wertes (Vm25–50 bzw. Vm50–75), der Flächen unterhalb und oberhalb des CO2-Verlaufes (A0 und A1) sowie der Totraumvolumina berechnet nach Langley, Fowler, Wolff, Bohr und nach der Threshold-Methode (VD Langley, VD Fowler, VD Wolff, VD Bohr und VD Threshold). Zusätzlich wurden das Tidalvolumen (VT) und das Inspirationsvolumen (VTin) ermittelt. Mithilfe des Mann-Whitney-Wilcoxon-Tests wurden die Parameter auf signifikante Unterschiede zwischen den Kälbern von Versuchsgruppe 1 und Versuchsgruppe 2 zu den sechs Untersuchungszeitpunkten getestet (p ≤ 0,05). Ergebnisse: Die Kälber von Versuchsgruppe 2 (VG 2) wiesen an fünf Untersuchungszeitpunkten einen signifikant niedrigeren CO2et auf und gaben zu allen Zeitpunkten ein signifikant geringeres CO2-Volumen ab als die Kälber von Versuchsgruppe 1 (VG 1). VG 2 zeigte an fünf Zeitpunkten eine flacher ansteigende Phase II und eine steiler ansteigende Phase III als VG 1. Die Quotienten Vm25–50 / VTin und Vm50–75 / VTin waren in VG 2 an fünf bzw. sechs Zeitpunkten signifikant größer als in VG 1. Die Fläche A0 und das Verhältnis A0 / A1 erwiesen sich an allen sechs bzw. an fünf Zeitpunkten als signifikant kleiner in VG 2 gegenüber VG 1. Die Betrachtung von VD Wolff und VD Bohr in Abhängigkeit von VT lieferte an fünf Zeitpunkten signifikant größere Werte für VG 2 im Vergleich zu VG 1. Schlussfolgerung: Das breite Parameter-Spektrum der Kapnovolumetrie ermöglicht die nicht invasive und mitarbeitsunabhängige Erfassung von Lungenfunktionseinbußen beim Kalb.