Pneumologie 2006; 60 - V3
DOI: 10.1055/s-2006-934018

Häufigkeit und Morphologie der Tuberkulose im Obduktionsgut: Zunahme aktiver Formen

D Theegarten 1, B Kahl 1, M Ebsen 1
  • 1Institut für Pathologie, Ruhr-Universität Bochum, BG-Kliniken Bergmannsheil

Einleitung: Die Tuberkulose ist weiterhin eine relevante Infektionskrankheit, die klinisch zu Lebzeiten häufig nicht diagnostiziert wird. Die aktuelle Häufigkeit im Obduktionsgut sollte untersucht werden. Methodik: Ausgewertet wurden alle Autopsieberichte (n=3,947) des Institutes für Pathologie der Ruhr-Universität Bochum von 1990 bis 2004, bei denen die Tuberkulose allein- oder teilursächliche Todesursache war. Ergebnisse: Insgesamt fanden sich 55 Fälle (=1,39% aller Sektionen) mit einer relevanten Tuberkulose, hiervon waren 32,7% aktiv und 27,3% inaktiv. Kombinationen kamen in 40% vor. In 70,9% der Fälle lagen weitere relevante Grundleiden vor. In 94,6% war die Tuberkulose in den Lungen entwickelt. Unter den aktiven Formen fanden sich (bei Mehrfachnennung) in 29,1% azinös-nodöse Herde, in 27,3% Frühkavernen und in 18,2% käsige Pneumonien. Miliartuberkulosen konnten in 14,5%, eine tuberkulöse Meningoenzephalitis in 12,7% und eine Wirbelsäulentuberkulose in 7,3% nachgewiesen werden. Bei den inaktiven Formen standen lokale Vernarbungen mit 32,7%, Pleuraschwarten und Verwachsungen mit 21,8% und Spätkavernen bzw. Myzetome mit 16,3% im Vordergrund. Bei 18,2% der Patienten waren thoraxchirurgische Operationen durchgeführt worden, in 10,9% fand sich ein Cor pulmonale. Aktive Formen wurden signifikant häufiger in den Altersgruppen von 30–59 und 80–99 Jahren gefunden. In den letzten 7 ½ Jahren kam es zu einer signifikanten Zunahme aktiver Verlaufsformen (91,7% vs. 58,1%, p=0,00647), diese wurden in 45,5% der Fälle klinisch nicht diagnostiziert. Schlussfolgerung: Die frühe Diagnose der Tuberkulose ist für den Patienten und die mögliche Verbreitung der Erreger von entscheidender Bedeutung, wobei zunehmend mit akuten Verläufen gerechnet werden muss. Zur Qualitätssicherung und zur Absicherung der Mortalitätsstatistik sind hierbei Obduktionen unverzichtbar.