Gesundheitswesen 2006; 68(1): 1-2
DOI: 10.1055/s-2006-926553
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Bundesverdienstkreuz für Prof. Dr. Johannes Gostomzyk

Order of Merit of the Federal Republic of Germany for Professor Dr. Johannes GostomzykR. Brennecke1
  • 1Institut für Gesundheitssystemforschung, Charité, Berlin
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Publication Date:
06 February 2006 (online)

Am 18.10.2005 unterschrieb Bundespräsident Horst Köhler die Urkunde zur Verleihung des Verdienstkreuzes am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland an Herrn Prof. Dr. Johannes Georg Gostomzyk. Bei der feierlichen Übergabe der hohen Auszeichnung wurden drei Schwerpunkte der Tätigkeiten des Geehrten gewürdigt: sein Einsatz für die Sozialmedizin, seine Tätigkeit als Hauptschriftleiter dieser Zeitschrift und sein außerordentliches ehrenamtliches Engagement.

Obwohl Johannes Gostomzyk die Weiterbildung als Arzt für Laboratoriumsmedizin und Arzt für öffentliches Gesundheitswesen absolviert hat, schlug sein Herz immer für die Sozialmedizin [1]. Allerdings ist das Fach für ihn keine nur akademische Disziplin, sondern beinhaltet auch einen bedeutenden Praxisbezug, der sich in Arbeiten der Gesundheitsämter, der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung, der Sozialmedizinischen Dienste der Rentenversicherung und in manchen anderen praktischen medizinischen Berufen zeigt. Um diesen Praxisbezug weiter auszubauen, engagierte er sich entsprechend in der Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP) und förderte die Ausbildung von Medizinern sowie deren Weiterbildung.

Als Präsident - und noch heute als Ehrenpräsident - setzte er sich vor allem für einen stärkeren Praxisbezug des Faches ein, indem er eine neue Kultur der Zusammenarbeit mit den Bundesverbänden der Sozialversicherungsärzte und der Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes aufbaute, förderte und unterstützte. Für die Ausbildung junger Mediziner erreichte er die Entkopplung der Fächer Arbeitsmedizin und Sozialmedizin, indem er in seiner kooperativen, aber zielstrebigen Art die unterschiedlichen Schwerpunkte der Fächer und deren jeweils große Themenvielfalt in allen wichtigen Institutionen auf Bundes- und Landesebene verdeutlichte. Besonders engagierte er sich diesbezüglich in der Arbeitsgemeinschaft wissenschaftlich medizinischer Fachgesellschaften (AWMF) und in der Deutschen Gesellschaft für Public Health. Für die Weiterbildung förderte er die Anerkennung einer Ausbildung in Public Health als Teilleistung der Kurs-Weiterbildung für Ärzte des öffentlichen Gesundheitswesens, wie sie heute in der Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer enthalten ist. Vor allem aber entwickelte er in mehrjähriger Arbeit ein Konzept für ein Lehrbuch der Sozialmedizin [2], welches als Loseblatt-Sammlung inzwischen mit der 7. Ergänzungslieferung 2005 nicht nur ein gefragtes Werk ist, sondern als Standard für die Weiterbildung und sehr hilfreich für die Ausbildung von Medizinerinnen und Medizinern gelten kann.

1989, nach 12 Jahren als Mitglied der Schriftleitung der Zeitschrift „Das öffentliche Gesundheitswesen”, wurde Gostomzyk deren verantwortlicher Hauptschriftleiter. Er erkannte, dass angesichts der Konkurrenz auf dem Markt das Themenspektrum der Zeitschrift auf die Dauer zu eng sein würde. In Zusammenarbeit mit dem zuständigen Verlagsleiter, Herrn Peter Eich, erweiterte er das Spektrum der Zeitschrift, indem sie ab dem 1.1.1992 als „Das Gesundheitswesen” benannt wurde und die Themenfelder Sozialmedizin, Gesundheits-System-Forschung, Public Health, Education, Öffentlicher Gesundheitsdienst und Medizinischer Dienst umfasste. Weiterhin erhöhte er die Organschaften, neben den Berufsverbänden der Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes und der Sozialversicherungsärzte Deutschlands wählten auch die Deutsche Gesellschaft für Public Health und die DGSMP sowie die Gesellschaft für Medizinische Ausbildung und der Medizinische Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen die Zeitschrift zu ihrem Organ. Natürlich gehörte dazu der Aus- und Umbau des Beirates, was Gostomzyk mit großem Feingefühl und sicherer Wahl der maßgeblichen Personen durchführte.

Verbunden mit der Umbesetzung des Beirats war die konsequente Doppelbegutachtung jedes eingesandten Manuskriptes. Zwar bedeutet das für die Gutachter erhebliche Arbeit und für manchen Autor auch Frustrationen, aber insgesamt konnte Gostomzyk damit erreichen, dass die Zeitschrift als eine der ganz wenigen in Deutschland in den Social Science Citation Index aufgenommen wurde.

Schon während seiner 2001 beendeten Tätigkeit als Amtsarzt von Augsburg, insbesondere aber nach seiner Pensionierung, hat sich Gostomzyk ehrenamtlich als 1. Vorsitzender der Landeszentrale für Gesundheit in Bayern (LZB) außerordentlich um die Förderung der Prävention verdient gemacht. Er baute deren Themenspektrum unter Berücksichtigung der Schwerpunkte Bürgerperspektive und „Prävention muss Freude bereiten” erheblich aus.

Präventive Bemühungen sollten aus dem Kreis der Betroffenen selbst kommen und dort angeregt, unterstützt und gefördert, nicht aber von der Obrigkeit aufoktroyiert werden. Entsprechend wurde während seiner Amtszeit der Bayerische Gesundheitsförderungs- und Präventionspreis geschaffen. Im Jahre 2004 konnten fünf Projekte ausgezeichnet und 31 weitere Projekte lobend erwähnt werden [3]. Auch die Schriftenreihe der Landeszentrale für Gesundheit wuchs mit über 13 Bänden sowie weiteren Berichten und Materialien enorm an. Bewusst sind diese Publikationen Schriften von (auch wissenschaftlich ausgebildeten) Bürgern für Bürger. Gäbe es einen Public Practice Citation Index, müsste die Schriftenreihe darin aufgenommen werden.

Sein zweiter Schwerpunkt beinhaltet das für Prävention - aber auch für andere Aufgaben - notwendige Gleichgewicht zwischen Rationalität und Emotionalität. Nach seiner Ansicht ist die Emotionalität die mächtigste Steuerungskraft menschlichen Handelns. Daraus folgert er, dass Verhaltensprävention sowohl rational begründete Änderungen als auch positiv motivierte Gefühle beinhalten muss, wenn sie erfolgreich sein will. Entsprechend engagiert er sich im Bayerischen Schulfernsehen, in vielen Vorträgen, aber auch als Lehrbeauftragter und Berater.

Mit dem Bundesverdienstkreuz, welches ihm nach sorgfältiger Prüfung verliehen wurde, wird ein Lebenswerk gewürdigt, dass eine der zahlreichen Gratulantinnen als Wirken für ein soziales Miteinander und bessere Gesundheitschancen für alle charakterisierte. Bei konsequenter und beharrlicher Verfolgung der gesetzten Ziele integriert Gostomzyk die unterschiedlichsten Personen mit stets gleich bleibender Freundlichkeit und erreicht dadurch enorme Fortschritte für die Sozialmedizin, die Zeitschrift und die Prävention. Ich freue mich mit ihm über die Auszeichnung und gratuliere herzlich.

Abb. 1 Überreichung des Bundesverdienstkreuzes an Prof. Dr. Johannes Gostomzyk am 7.12.2005.

Literatur

  • 1 Brennecke R. Ein Arbeitsleben für die Förderung der Sozialmedizin.  Gesundheitswesen. 2001;  68 S2-S5
  • 2 Gostomzyk J. Angewandte Sozialmedizin. Landsberg/Lech; Ecomed 2000
  • 3 Gostomzyk J. Der Bayerische Gesundheitsförderungs- und Präventionspreis (BGPP) 2004. München; Landeszentrale für Gesundheit in Bayern e.V 2004

Prof. Dr. Ralph Brennecke

Institut für Gesundheitssystemforschung, Charité - Universitätsmedizin Berlin

Thielallee 47

14195 Berlin

Email: ralph.brennecke@charite.de