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DOI: 10.1055/s-2006-925083
Pigment
Publication History
Publication Date:
13 September 2006 (online)
Pigmente gibt es im Pflanzenreich, in der Tierwelt und beim Menschen. Sie haben eine lange Vorgeschichte. Pflanzenzellen und Einzeller verfügen über Abwehrmechanismen, welche durch kurzfristige Freisetzung von Phenolen eingedrungene Mikroorganismen denaturieren und damit ausschalten. Zur Limitierung der Wirkung werden die Phenolverbindungen durch Polymerisation inaktiviert und an Trägerproteine gebunden. Letztere werden als große und dadurch farbige Konglomerate intrazellulär abgelagert. Daraus entwickeln sich im Laufe der Phylogenese bei den Wirbeltieren und den Menschen eigentliche Organelle mit charakteristischer Struktur, die Melanosomen.
Die Abwehr- und Schutzfunktion kommt abhanden und wird abgelöst von freigesetzten Abwehrstoffen wie Lysozym in der Tränenflüssigkeit oder Defensine der Hautoberfläche [1]. Die hoch entwickelten Organismen bilden differenzierte und spezifische Abwehrsysteme aus mit Phagozytose der Fremdstoffe durch Granulozyten, Makrophagen und Killerzellen. Zudem werden immunologische Verstärkungssysteme entwickelt, bei den Wirbeltieren das T-Zell-System mit Prägung im Thymus, und bei den Vögeln das B-Zell-System mit Prägung in der Bursa Fabricii sowie bei Säugetieren und Menschen im lymphatischen System.
Die intrazelluläre Fremdstoffabwehr durch phenolische Denaturierung ist also entwicklungsgeschichtlich obsolet geworden. Der Mechanismus aber bleibt als Relikt der Phylogenese partiell bestehen und kommt als Pigmentwerk in Haut und Auge zu neuer Bedeutung. Die Melanosomen, mit den hochkomplex polymerisierten Melaninen in ihre Lamellenstruktur eingebunden, finden sich nur noch in den Melanozyten, die im dritten Embryonalmonat aus der Neuralleiste ins Auge und die Haut auswandern. Dort versorgen sie die Zellen der Aderhaut und der Epidermis, die Keratinozyten eben, mit Melanosomen. Beim Menschen gibt es, genetisch unterschieden, das braunschwarze Eumelanin und das rotgelbe Phäomelanin. Entsprechend der Anteile der beiden Melaninformen stellt sich die Hautfarbe mit gleitender Skalierung von gelb-rötlich bis dunkelschwarz dar. Durch Steigerung der Bestückung der Keratinozyten mit Melanosomen, die sich als Polkappen über die Zellkerne legen, kann die genetisch festgelegte Pigmentierung vorübergehend gesteigert werden. Dies kann durch UV-Bestrahlung und auch auf chemischem Weg stimuliert werden und wird Bräunung genannt. Das Gegenteil, Abblassen der Pigmentierung, erfolgt durch Vermeidung der Stimulierung (Lichtschutz also) oder kann auf chemischem Wege versucht werden (Bleichung). Beides, Bräunung und Bleichung, sind Probleme und Anliegen, die sich durch die gesamte Kulturgeschichte der Menschheit ziehen.
Der Pigmentgehalt und damit die Farbe der Haut ist ein wesentlicher Bestandteil der sichtbaren Ausrüstung des Menschen, eines der rassischen Merkmale also. Und es gibt Unterschiede, nicht in der Zahl der Melanozyten, aber in deren Leistungen. So sind die Melanosomen der schwarzen Haut größer und werden einzeln den Keratinozyten transferiert, welchen sie während der ganzen Differenzierung, bis in die Hornschicht, erhalten bleiben und so die dunkle Farbe ausmachen. Bei den Weißen, auch Kaukasier bezeichnet, sind die Melanosomen kleiner, werden von den Keratinozyten in Gruppen getragen und während der Differenzierung schon in der Mitte der Epidermis abgebaut. Es resultiert eine hellere, meist nur leicht braune Pigmentierung.
Den Extremfall mit weißer, gar nicht pigmentierbarer Haut, verbunden mit Lichtscheu und Nystagmus, stellt der Albinismus dar, eine Mutation mit Ausfall der Tyrosinase, Schlüsselenzym der Melanogenese. Dieses Enzym und seine Bedeutung zur Pigmentbildung wurde 1916, also vor 90 Jahren, von Bruno Bloch (1878 - 1933) entdeckt [2], dem ersten dermatologischen Ordinarius in Basel ab 1908 und dann in Zürich 1916 - 1933. Im Gegensatz zu diesem „Tyrosinase-negativen Albinismus” kann man einen „Tyrosinase-positiven Albinismus unterscheiden, ein Membrandefekt der Melanosomen, der im Laufe der Zeit eine leichte rotgelbe Pigmentierung erreicht, ausschließlich durch Phäomelanin und zudem recht spärlich (Abb. [1]).
Abb. 1 Trosinase-neg. Albino mit leicht gelblicher Einfärbung von Haut und Haaren im Alter, sowie vorzeitige Hautalterung mit multiplen Basaliomen durch die ungeschützte Sonnenbelastung im Gesicht.
Auch innerhalb der weißen Rasse gibt es markante Unterschiede, die sowohl die Basispigmentierung als auch deren Stimulierbarkeit betrifft. Sie basieren auf dem genetisch determinierten Verhältnis von schwarzbraunem Eumelanin und dem rotgelben Phäomelanin. Ein brauchbares Schema zur Einteilung stammt von Thomas Fitzpatrick (Tab. [1] und Abb. [2])
Tab. 1 Tabelle der Hauttypen I - VI nach Fitzpatrick* Hauttyp Hautfarbe Entwicklung von Sonnenbrand/Sonnenbräune I sehr helle Haut, Sommersprossen, rote Haare, helle Augen (keltischer Typ) Verbrennt praktisch immer/bräunt praktisch nie II helle Haut, blonde Haare, helle Augen (skandinavischer Typ, Kaukasier) Verbrennt leicht/bräunt minimal III hellbraune Haut, hellbraune bis dunkelbraune Haare, helle oder braune Augen Verbrennt gelegentlich/bräunt gut IV mittelbraune Haut, dunkle Haare, dunkle Augen (mediterraner Typ) Verbrennt selten/bräunt sehr gut V dunkelbraune Haut (asiatischer Typ, Orientalen, Lateinamerikaner) Verbrennt sehr selten,bräunt sehr gut VI schwarze Haut (Afrikaner, Afroamerikaner) Verbrennt extrem selten bis gar nicht/sehr dunkle Pigmentierung * Abb. C-21.1 aus Dermatologie von I. Moll, 6. Aufl. Duale Reihe 2005, Seite 534
Abb. 2 Hauttyp I, Gesicht einer jungen Frau mit rötlichem Haar und fehlender Pigmentierung. Die Sommersprossen stellen Inseln dar mit geringem, durch Sonne wenig stimulierbarem Melanozytenbesatz.
Literatur
- 1 Christophers E. Psoriasis - Epitheliale Abwehr und die Entwicklung des Metabolischen (Insulin-Resistenz-) Syndroms. Akt Dermatol. 2004; 30 289-292
- 2 Bloch B. Chemische Untersuchungen über das spezifische pigmentbildende Ferment der Haut, die Dopaoxydase. Zschr F physiol Chem. 1916; 98 226-254
- 3 Moll I (Hrsg). Dermatologie. Lehrbuch Duale Reihe. Stuttgart; Thieme 2005
- 4 Bibel, A.T.: H.L. 1, 5 - 6.
- 5 Jung E G, Ulmschneider H. Das moderne „Happle-Konzept” der Naevi mit historischen Bezügen. Akt Dermatol. 1996; 22 129-131
- 6 Paravicini Bagliani A (Hrsg). La Pelle Umana (The Human Skin). Micrologus XIII. Firenze; Sismel Ed. del Galluzzo 2005
- 7 Bibel A.T., 1. Mos. (Genesis) 9,20 - 27.
- 8 Hayner St R. Noah's Curse: The Biblical Justification of American Slavery. Oxford; Oxford Univ. Press 2002
- 9 Scheen T. Haut light. Afrikanerinnen unterwerfen sich westlichen Schönheitsidealen. FAZ Nr. 45 vom 13. 11. 2005.
Prof. Dr. Ernst G. Jung
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