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DOI: 10.1055/s-2006-921461
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
„Panta rhei”: Vakuumtherapie im Wandel - Ein Vorwort zum Supplement „Drei-Länder-Kongress” Nürnberg 2006
„Panta rhei”: Vacuum Therapy in Transition - A Foreword to the „Three Nations-Congress” Nuernberg 2006 SupplementPublication History
Publication Date:
30 March 2006 (online)
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
es ist mir eine große Freude, zu unserem internationalen Kongress eine Einleitung zu diesem Sonderband geben zu dürfen.
In einer Zeit, da es scheint, dass mehr als jemals zuvor das Diktat der Wirtschaftlichkeit im Vordergrund vieler Diskussionen in der Medizin steht, ist es umso erfreulicher, dass es dennoch immer wieder auch medizinische Fortschritte durch neue Techniken und Verfahren gibt. Dieser Fortschritt kommt zuallererst unseren Patienten unmittelbar zugute.
Kaum ein anderes Verfahren hat in den letzten Jahren so radikal die Therapieprinzipien der akuten und chronischen Wunden beeinflusst wie die Vakuumtherapie. Es handelt sich dabei um eine Methode zur Behandlung von Wunden, die Ende der 1980er-Jahre in den USA (Vacuum Assisted Wound Closure, V.A.C.®) und in Deutschland entwickelt wurde und die seit Mitte der 1990er-Jahre klinisch eingesetzt wird. Das Prinzip besteht darin, dass die normalerweise eng umschriebene Sogwirkung einer Drainage über einen besonderen, der Wundkontur angepassten, offenporigen Schwamm flächenhaft auf eine gesamte Wundoberfläche oder ggf. auf eine Wundhöhle verteilt wird.
Nachdem in einer Fülle von früher kaum lösbaren Problemfällen außerordentliche Erfolge mit dieser Therapie erzielt wurden, hat sich die Unterdruckbehandlung in vielen Fachdisziplinen mittlerweile zunehmend bereits als ein Standard für bestimmte therapeutische Fragestellungen etabliert. Konsensuspapiere der relevanten wissenschaftlichen Fachgesellschaften für Wundheilung haben den Stellenwert klar definiert und Publikationen über Indikationen, Risiken und künftige Anwendungsbereiche lassen ahnen, dass das Potenzial dieser Methode noch längst nicht ausgeschöpft ist. Die Kreativität der Beteiligten bei der Lösung schwieriger Wundprobleme lässt immer wieder neue Behandlungsansätze entstehen. So findet derzeit auch die kontrollierte Instillationstherapie bei der die Unterdruckbehandlung von Wunden in Form einer eigenen computergesteuerten Therapieeinheit Einzug in das Spektrum der Vakuumbehandlung (V.A.C.® Instill) und unterstreicht damit das Motto dieses Kongresses „Panta rhei” in wahrsten Sinne des Wortes.
Anders als bei vielen medizinischen Neuerungen, bei denen zunächst die wissenschaftliche Entdeckung einer neuen Methode zur Erforschung der Wirkmechanismen und dann zum klinischen Einsatz führt, hat die V.A.C.®-Therapie aufgrund ihrer teilweise sensationellen klinischen Erfolge zunächst eine rasante klinische Verbreitung erfahren, mit der die Grundlagenforschung nicht Schritt halten konnte. Nachdem diese offensichtlichen Vorteile des Verfahrens zutage getreten sind, stellen sich zwangsläufig auch vermehrte Fragen nach den wissenschaftlichen Grundlagen. Neben den Auswirkungen verschiedener Drücke auf die Mikrozirkulation im Gewebe erscheinen die Auswirkungen der Technik auf die einzelnen Zellen ebenso interessant wie die Veränderung der Homöostase im Gewebe selbst sowie in der Wundflüssigkeit. Verschiedene Arbeitsgruppen untersuchen deshalb sowohl die physikalischen Gegebenheiten bei der Unterdruckanwendung wie auch die möglichen molekularen Veränderungen. Solche Grundlagenforschungen sind für die Optimierung und auch die Weiterentwicklung des Verfahrens enorm wichtig.
Der vorliegende Sonderband spiegelt eindrücklich die hohe Qualität der Vorträge, den Einsatz vieler Mediziner bei der Behandlung komplexer Wunden sowie neue wissenschaftliche Erkenntnisse wider. Dabei zeigt sich auch, dass die medizinische Wirksamkeit einer zunächst kostenintensiven Therapie neben den medizinischen durchaus auch ökonomische Vorteile nach sich zieht. Die Übertragung der großenteils in der Klinik gewonnen Erfahrungen in den ambulanten Sektor unseres Systems steht hier erst am Beginn.
Die Vielzahl der unterschiedlichen Anwendungen unter neuen Aspekten und Indikationen wird hoffentlich zu einem weiteren Verständnis und zu einer weiteren Anerkennung dieses Verfahrens beitragen.
Allen Referenten und allen Beteiligten möchte ich an dieser Stelle für ihre Mitarbeit und ihr Engagement, mit welchem sie zum Gelingen der Veranstaltung und zur Realisierung des vorliegenden Supplementes beigetragen haben, recht herzlich danken.
Univ.-Prof. Dr. med. R. E. Horch
Abteilung für Plastische und Handchirurgie · Universitätsklinikum Erlangen · Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Krankenhausstraße 12
D-91054 Erlangen
Phone: 0 91 31/85/3 32 77
Email: raymund.horch@chir.imed.uni-erlangen.de