Zentralbl Gynakol 2005; 127 - A32
DOI: 10.1055/s-2005-923426

Primäre Radio- / Chemotherapie beim Vulvakarzinom

HG Schnürch 1, V Strnad 2
  • 1Lukaskrankenhaus Neuss, Frauenklinik, Neuss
  • 2Universität Erlangen, Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie, Erlangen

Ist ein Vulvakarzinom lokal operabel und die Patientin operationsfähig, dann ist die klassische Primärtherapie die Operation. Eine primäre Radio- oder Radio-Chemotherapie kommt dagegen bei ausgedehnten oder sehr ungünstig gelegenen Primärtumoren zum Einsatz. Eine Sondersituation stellt der clitorisnahe Tumor einer jüngeren Patientin dar – die Operation der Leisten und die ausschließliche Bestrahlung der Primärtumorregion zeigen Rezidivfreiheit und Funktionserhalt bis zu 5 Jahren. Zur Vermeidung einer Exenteration bei organübergreifendem Wachstum kann die primäre Bestrahlung in einem multimodalen Konzept zur Erhaltung der Kontinenzorgane beitragen. Die Kombination der Bestrahlung mit Cytostatika, die einen radio-sensibilisierenden Effekt aufweisen, erhöht die Remissionsraten erheblich. Dabei werden die Substanzen 5-FU, Mitomycin C und Cisplatin eingesetzt. Die Ansprechraten liegen zwischen 30 und 40% pathologischer kompletter Remissionen und 40–60% klinischer Komplettremission. Ohne auf randomisierte Studien zugreifen zu können, wird über erheblich verbesserte 5-Jahresüberlebensraten in der Größenordnung von 30–50% bei diesen Patientinnen im Stadium FIGO III und IV berichtet. Dabei werden die früher im Rahmen einer primären exenterativen Operation entfernten Nachbarorgane Blase und Rektum in bis zu 95% erhalten. Die primäre alleinige Bestrahlung der klinisch unauffälligen Leisten anstelle einer inguinofemoralen Lymphonodektomie führt zu signifikant höheren Rezidivraten. Eine primäre Radio-Chemotherapie kann dagegen geeignet sein, eine Operation der Leisten überflüssig zu machen. Die primäre Brachytherapie kann in geeigneten Fällen bei großen Primärtumoren mit und ohne zusätzliche Chemotherapie ebenfalls sehr gute Remissionserfolge aufweisen.