Klin Monbl Augenheilkd 2005; 222 - V17
DOI: 10.1055/s-2005-922987

Optikusscheidenschlitzung bei sekundärem Zentralvenenverschluss bei AION – Ein neues pathophysiologisches und klinisches Konzept

J von Eicken 1, H Höh 1, S Kaskel-Paul 1, A Bock 1
  • 1Neubrandenburg – Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum

Hintergrund: Die Vermutung, dass ein Zentralvenenverschluss durch ein Kompartmentsyndrom im Rahmen einer ischämischen Optikusneuropathie bedingt sein kann, wurde von Abu El-Asrar et al. geäußert [1]. Heute liegt mit dem hochaufgelösten zerebralen MRT die Möglichkeit vor, den Sehnerven nicht invasiv mit hoher Ortsauflösung in Hinblick auf diese Fragestellung zu untersuchen. Ein Kompartmentsyndrom des N. opticus liegt dann vor, wenn der Subarachnoidalraum zwischen Optikus und der Optikusscheide aufgehoben ist.

Methode: Bei ischämischen bzw. nicht ischämischen Zentralvenenverschlüssen wurde der Sehnerv in seinem Verlauf durch die Orbita mit dem hochaufgelösten MRT evaluiert. Bei zwei von insgesamt 15 kernspintomographisch untersuchten Patienten wurde ein Kompartmentsyndrom nachgewiesen, die Liquorscheide war in dem Bereich vollständig aufgehoben, in dem die Zentralvene intraoptikal verläuft. Aufgrund des progressiven Funktionsverlustes führten wir in beiden Fällen eine Optikusdekompression mit Schlitzung der Optikusscheide über einen medialen Bindehautzugang durch.

Ergebnisse: Der erst operierte Patient stellte sich mit einer venösen Staseretinopathie und einem Visus von 0,8 vor und verschlechterte sich kontinuierlich auf 0,1. Am Fundus zeigte sich nun das Vollbild eines ischämischen Zentralvenenverschlusses. Nach der Optikusdekompression kam es im Verlauf von vier Wochen zu einem Visusanstieg auf 0,3 und einem deutlichen Rückgang der ischämischen Fundusveränderungen. Die zweite Patientin wurde aufgrund einer ähnlichen Vorgeschichte operiert. Aufgrund des kurzen postoperativen Verlaufs ist der Operationserfolg hier noch nicht abschließend zu beurteilen.

Schlussfolgerungen: Die frühen Ergebnisse der Untersuchungen zeigen, dass Zentralvenenverschlüsse in Folge einer ischämischen Optikusneuropathie mit Kompartmentsyndrom auftreten können. Eine Entlastung der Zentralvene in ihrem retrobulbären intraopticalen Verlauf erscheint in diesen Fällen aus pathophysiologischen Gesichtspunkten sinnvoll, um über eine Verbesserung des venösen Rückstroms einen Rückgang der ischämischen Netzhautveränderungen zu erreichen.

1. Abu el-Asrar AM, al Rashaed SA, Abdel Gader AG. Anterior ischaemic optic neuropathy as-sociated with central retinal vein occlusion. Eye (2000), 14: 560 562