Gesundheitswesen 2005; 67 - VF_V47
DOI: 10.1055/s-2005-920679

Controlling the Casemix – Verweildauerunterschiede in der stationären Depressionsbehandlung

P Sitta 1, S Brand 2, F Schneider 2, M Härter 3
  • 1Sektion Klinische Epidemiologie und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Freiburg
  • 2Klinik für Psychiatrie und Psychotehrapie, Universitätsklinikum Aachen
  • 3Sektion Klinische Epidemiologie und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Freiburg

Hintergrund/Ziele und Forschungsfragen: Verweildauerunterschiede zwischen den Kliniken werden als Indikatoren für Qualität und Effektivität betrachtet. Da sich Kliniken hinsichtlich ihrer Patientenstruktur (Case-Mix) unterscheiden, verringert sich die Vergleichbarkeit und damit die Aussagekraft eines Benchmarkings. Im Rahmen einer Multicenterstudie wurde die Prozess- und Ergebnisqualität stationärer Depressionsbehandlung in 10 Kliniken in Deutschland untersucht. Um ein faires Benchmarking zu ermöglichen, wurde die Patientenstruktur mittels Regressionsanalysen berücksichtigt. Vorgehen, Aufwand und Nutzen dieser Methodik werden diskutiert. Material und Methoden: Die Behandlung von 2133 depressiven Patienten wurde erfasst und im Rahmen eines externen Klinikvergleichs (Benchmarking) zurückgemeldet. Mithilfe des regressionsanalytischen Ansatzes wurden Patientenmerkmale aus den Bereichen Soziodemographie, Behandlungsgeschichte und Schweregrad der Erkrankung bestimmt und deren Einfluss auf die Behandlungsdauer berechnet. Ergebnisse: Die mittlere Behandlungsdauer der Kliniken variiert stark (Range 36,8–64,3 Tagen). Darüber hinaus unterscheiden sich die Kliniken deutlich hinsichtlich des Case-Mix. Das kreuzvalidierte regressionsanalytische Gesamtmodell klärt 7% der Varianz auf und enthält 5 Variablen. Die Behandlungsdauer ist länger bei Patienten mit rezidivierender Depression, die gravierend in der Lebensführung beeinträchtigt sind und die schwer erkrankt sind. Bei Krisenintervention und Suizidversuch in der Vorgeschichte verkürzt sich die Behandlungsdauer. Schlussfolgerungen und Diskussion: Kliniken unterscheiden sich bezüglich Behandlungsdauern und Patienten. Die Behandlungsdauerunterschiede lassen sich nur zu einem geringen Teil durch Unterschiede in der Patientenstruktur erklären. Auf das aufwendige und methodisch anspruchsvolle Verfahren der Case-Mix-Korrektur mittels Regressionsanalyse kann nicht verzichtet werden, wenn man unfaire Klinikvergleiche vermeiden will.