Gesundheitswesen 2005; 67 - VF_V27
DOI: 10.1055/s-2005-920659

Versorgungsbedarf nach Schlaganfall: Ergebnisse einer prospektiven, bevölkerungs-basierten Studie: dem Erlanger Schlaganfall-Register

P Kolominsky-Rabas 1, J Hegewald 2, U Nixdorff 3, W Daniel 4, B Neundörfer 5
  • 1Forschungsunit Schlaganfall, Interdisziplinäres Zentrum für Public Health der Universität Erlangen-Nürnberg
  • 2Institut fuer Medizininformatik, Biometrie und Epidemiologie
  • 3European Prevention Center, München
  • 4Medizinische Klinik 2/ Kardiologie & Angiologie, Universitätsklinikum Erlangen
  • 5Neurologische Klinik, Universitätsklinikum Erlangen für das BMBF-Kompetenznetz Schlaganfall

Hintergrund/Ziele und Forschungsfragen: Der Hirninfarkt ist in Deutschland für 80% aller Schlaganfälle verantwortlich und stellt die häufigste Ursache für Behinderung im Erwachsenenalter dar. Trotz dieser enormen gesundheitsökonomischen Bedeutung existieren bislang für Deutschland nur wenige prospektive Verlaufsuntersuchungen innerhalb repräsentativer Populationsstudien. Material und Methoden: Im Erlanger Schlaganfall Registers wurden Patienten rekrutiert und deren Langzeitbehinderung untersucht. Das Erlanger Schlaganfall Register ist das erste und einzige epidemiologische Schlaganfallregister in Deutschland. Die Schlaganfall-Patienten innerhalb der Gesamtpopulation der Stadt Erlangen (105.000) werden in kontinuierlichen Abständen über einen Gesamtzeitraum bis zu 10 Jahren nachbeobachtet. Der Grad der Behinderung (20-Punke Barthel Index) wurde in die Kategorien schwer (BI 0–9), mässig (BI 10–19) und funktionell unabhängig (BI 20) eingeteilt. Ergebnisse: Im Zeitraum 1994–2003 wurden 1969 Patienten mit erstmaligen Hirninfarkt registriert (Alter 72.; 54% weiblich). 1 Jahr nach Schlaganfall waren 14.% der Überlebenden schwer, 36% mässig behindert und 40% funktionell unabhängig. 10% der überlebenden Patienten mussten in Pflegeeinrichtungen versorgt werden. Multivariate Analyse zeigten, dass bei Hirninfarkten aufgrund von Verschlüssen der Halsschlagadern das Risiko einer Behinderung 1 Jahr nach Schlaganfall am höchsten war (OR 10.41 CI 3.97–27.28). Schlussfolgerungen und Diskussion: Aufgrund der Überalterung der Bevölkerung wird der Schlaganfall in den nächsten Jahrzehnten dramatisch ansteigen. Nur durch eine umfassende Bestandsaufnahme der Langzeitbehinderung und des Versorgungsbedarfes können gezielte Investitionen zum Aufbau von Versorgungsketten im Sinne eines problemorientierten Case-Managements getätigt werden. Eine kontinuierliche und lückenlose Nachbeobachtung aller betroffenen Patienten innerhalb der gesamten Versorgungskette nach Schlaganfall ist deshalb erforderlich.