Gesundheitswesen 2005; 67 - VF_V17
DOI: 10.1055/s-2005-920649

Das S.I.G.N.A.L. – Interventionsprojekt: Erfahrungen mit neuen Versorgungsmodellen im Kontext häuslicher Gewalt

H Hellbernd 1, P Brzank 1, U Maschewsky-Schneider 1
  • 1Institut für Gesundheitswissenschaften, TU-Berlin

Hintergrund/Ziele und Forschungsfragen: Gewalt ist ein bedeutendes Gesundheitsrisiko für Frauen. Eine quantitative Befragung von 806 Patientinnen einer Berliner Rettungsstelle zeigte, dass 36,6% der Befragten nach dem 16. Lebensjahr mindestens einer häuslichen Gewalthandlung ausgesetzt waren, 57% berichteten von gesundheitlichen Folgen. Die Gefahr von Fehlversorgung steigt bei einer Nichtberücksichtigung von Gewalt im Behandlungskontext. Eine gezielte Gesundheitsversorgung für gewaltbetroffene Frauen wurde mit dem S.I.G.N.A.L.-Interventionsprogramm an der Charité, Campus Benjamin Franklin in Berlin entwickelt. Die Sensibilisierung von Gesundheitsfachkräften steht im Zentrum des Programms. Die wissenschaftliche Begleitforschung evaluierte die Qualität und Wirkungen der Schulungen für Pflegende und Behandelnde. Material und Methoden: An den Fortbildungen nahmen insgesamt 122 Pflegekräfte und 207 Ärzte/innen teil. Der Evaluation liegen folgende Erhebungen zugrunde: Standardisierter Fragebogen im Anschluss an die zweitägigen Schulungen (n=44 Pflegekräfte) und Institutsfortbildungen (n=105 Ärzte/innen), ergänzende qualitative Interviews (n=10) und Follow-up Erhebung unter Pflegekräften (n=43), Experteninterviews mit Ärzte/innen (n=7). Ergebnisse: Qualitative und quantitative Befragungen der Teilnehmenden zeigen ein Interesse an der Gewaltthematik und die Bereitschaft zur Intervention. Unterstützungsmöglichkeiten für gewaltbetroffene Frauen konnten in den Schulungen verdeutlicht und Handlungssicherheit im Umgang mit der Gewaltthematik gewonnen werden. Insbesondere wurden Kenntnisse über Hilfsangebote und Unterstützungseinrichtungen für Betroffene von Gewalt als gewinnbringend angesehen. Schlussfolgerungen und Diskussion: Im Rahmen des S.I.G.N.A.L.–Projekts konnte ein neues Versorgungsangebot für gewaltbetroffene Frauen entwickelt und umgesetzt werden. Für eine qualitätsgesicherte Versorgung sollten Interventionsprogramme gegen häusliche Gewalt in Rettungsstellen aufgebaut werden.