Gesundheitswesen 2005; 67 - V93
DOI: 10.1055/s-2005-920587

Hörschäden durch Freizeitlärm: qualitatives Screening von Risikokonstellationen bei Jugendlichen

K Wüste 1, M Zimmermann 1, C Schaepe 1, U von Foerster 2, F Bethge 2
  • 1Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft der Medizinischen Fakultät der MLU Halle-Wittenberg
  • 2Hals-Nasen-Ohren-Klinik der Charité-Universitätsmedizin Berlin

Hintergrund/Ziele und Forschungsfragen: Im Kontext des Forschungsprojektes „Hörschäden durch Freizeitlärm: Screening von Risikokonstellationen, Entwicklung und Evaluation eines Interventionsmoduls ‘Problem- und Erlebnisorientierter Unterricht' zur Vermittlung von Präventionskonzepten bei freizeitlärmgefährdeten Heranwachsenden in Sekundar- und Berufsschulen erfolgten leitfadengestützte Interviews. Im Fokus stand die Analyse individueller Hörgewohnheiten. Die Ergebnisse der Interviews waren als Beitrag für die Entwicklung eines Befragungsinventars und für die Schwerpunktsetzung der Unterrichtseinheiten vorgesehen. Material und Methoden: Mit 12 SchülerInnen der 8. Klassen von Sekundarschulen und Gymnasien wurden nondirektive Interviews geführt. Die Thematisierung des Musikkonsumverhalten, lärmbezogener und lärmbeeinflusster Lebensgewohnheiten und des sozialen Status konnte die Erlebniswelt der Jugendlichen und ihre Motivation zur Exposition von Lärmquellen transparent machen. Die Interviews wurden nach dem Konzept der grounded theory ausgewertet. Ergebnisse: Erste Ergebnisse des „work in process“ ermöglichten die Konzeptionalisierung des Befragungsinventars und einzelner Unterrichtsmodule. Von Heranwachsenden wird „Laute Musik“ als ein Abgrenzungs- und Fluchtverhalten dargestellt, soziale Gefüge sind als Einflussfaktoren des Hörverhaltens zu benennen. Intakte Netzwerke verhelfen zur kritischen Lärmidentifizierung, aufgrund klarer Divergenzen sind Sensibilisierungen den verschiedenen Schulformen anzupassen. Schlussfolgerungen und Diskussion: Die identifizierten Items zur Beschreibung des Hörverhaltens Heranwachsender problematisieren die altersspezifische Lärmexposition, die von den Betroffenen verkannt und gesellschaftlich ignoriert werden. Eine wirksame Prävention aus medizinischen, gesundheitspolitischen, gesundheitsökonomischen Gründen ist zwingend erforderlich. Die Konzeptionalisierung sensibilisierender Unterrichtseinheiten kann demnach als ein wichtiger Schritt verstanden werden.