Hintergrund: Unerklärte Unterschiede in der stationären Inanspruchnahme eines Bundeslandes führten zu einer systematischen Befragung niedergelassener Ärzte und Krankenhausärzte, um Determinanten des Einweisungs- bzw. Aufnahmeverhaltens zu bestimmen. Als Erhebungsinstrument wurden kurze typisierte Fallbeschreibungen (Vignetten) für zwei exemplarische Versorgungsprobleme entwickelt: Oberbauch- und Unterbauch-Beschwerden. Anhand von klinischen Scores und Leitlinien wurden die Beschwerdebilder nach Einweisungsdringlichkeit abgestuft. Den Fallvignetten wurden mit einem Zufallsverfahren soziale Merkmale der Patienten zugeschrieben. Jeder Arzt beurteilte schriftlich je 10 Oberbauch- und Unterbauch-Vignetten. Die Daten wurden mit multivariaten hierarchischen Modellen ausgewertet.
Material und Methoden: Bei einem Rücklauf von 28% standen Angaben von mehr als 455 niedergelassenen Allgemeinmedizinern und Internisten sowie 261 chirurgischen und internistischen Krankenhausärzten zur Verfügung. 7.376 Oberbauch- und 7.335 Unterbauch-Vignetten waren auswertbar. Die vorgegebene Reihung der Einweisungsdringlichkeit wurde bestätigt. Krankenhausärzte würden die ihnen vorgestellten Vignette-Patienten wesentlich häufiger aufnehmen als niedergelassene Ärzte sie einweisen wollten. Ältere Patienten wurden häufiger eingewiesen bzw. aufgenommen als jüngere. Bei akuten Symptomen ist der Wochentag des Arztkontaktes, bei elektiven Eingriffen die Präferenz des Patienten wichtig für eine Krankenhauseinweisung /-aufnahme. Ergebnisse: Ärztliche Versorgungsentscheidungen werden offenkundig sektorspezifisch auf unterschiedlichem Niveau getroffen. Das Muster der sektor- und problemspezifischen Versorgungspräferenzen und ihrer Determinanten ist plausibel. Als Instrument einer vergleichenden Versorgungsforschung haben Fallvignetten praktische Vorzüge gegenüber der systematischen Aktenanalyse und den Standardpatienten. Sie eignen sich für Lehr-, Prüfungs-, Dokumentations- und Qualitätssicherungszwecke.