Fragestellung: Bei der Differenzierung eines Spasmus hemifacialis von einem Blepharospasmus und von anderen einseitigen unwillkürlichen Kontraktionen der Gesichtsmuskulatur kann problematisch sein. Oft hilft erst die neurophysiologische Untersuchung (Lateral spread response) mit dem Nachweis der Isolationsdefekte durch Ephapsenbildung beim Spasmus hemifacialis. Eine durch Babinski 1906 vorgetragene und veröffentlichte Beobachtung wurde in der klinischen Neurologie weitgehend vergessen: Nur beim Spasmus hemifacialis kommt es synchron mit der Kontraktion des M. orbicularis oculi zur Kontraktion des M. frontalis und damit zu einem Anheben der Augenbraue während des Augenschlusses (Abb.). Ein solches Phänomen – „Babinski 2“ – tritt weder beim Blepharospasmus, der nur eine Dystonie des M. orbicularis oculi darstellt, noch bei anderen Kontraktionen der Gesichtsmuskulatur (Tics, fokale epileptische Anfälle, psychogene Zuckungen) auf.
Ergebnisse: Wir analysierten die klinischen Erscheinungen bei 42 Patienten mit Spasmus hemifacialis und kamen zu folgenden Resultaten: Bei 35 Patienten war das Babinski 2-Phänomen klinisch sichtbar, bei den restlichen Patienten konnte es elektromyographisch (Nadelelektroden in den Mm. frontalis et orbicularis oculi) nachgewiesen werden. Babinski wies darüber hinaus bereits darauf hin, dass ein Spasmus hemifacialis nicht psychogen oder zentral ausgelöst sein kann, da eine willkürliche oder zentrale synchrone Innervation der gleichseitigen Mm. orbicularis oculi et frontalis nicht möglich ist.
Schlussfolgerung: Die aufmerksame klinische Beobachtung des Patienten lässt die Diagnose eines Spasmus hemifacialis ohne zusätzliche Untersuchungen in den meisten Fällen zu.