Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin 2005; 15 - A56
DOI: 10.1055/s-2005-917914

Rehabilitations-Sport nach Schlaganfall

S Schnieders 1, K Schüle 1
  • 1Institut für Rehabilitation und Behindertensport der Deutschen Sporthochschule Köln, Köln

Fragestellung: Der Schlaganfall ist nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen und malignen Tumoren weltweit die dritthäufigste Todesursache und stellt mit schätzungsweise 500.000 Betroffenen die häufigste Ursache für dauerhafte Behinderungen dar. Zudem gehört er in den Industrieländern mit seinen Langzeitfolgen zu den teuersten Krankheit überhaupt (Scholz und Busse 2003,76). Entscheidend für den Erfolg und das Outcome der Rehabilitation nach Schlaganfall ist eine möglichst zügige und umfassende sowie nahtlose Versorgung. Aufgrund der zum Teil irreversiblen Schädigungen ist es notwendig, die Rehabilitation auch in der Nachsorge nach Abschluss der Anschlussheilbehandlung (AHB) möglichst lebenslang in Wohnortnähe weiter fortzuführen (BAR 2001,21ff.). Während in der Versorgung innerhalb der Akut- und Frührehabilitation sowie in der AHB große Fortschritte erzielt werden konnten, besteht nach wie vor ein Versorgungsdefizit nach Beendigung der AHB. Um diesen Bedarf zu decken und die Wirksamkeit solcher Maßnahmen zu evaluieren, wurde das Projekt „Rehabilitations-Sport nach Schlaganfall“ initiiert. Mit der vorliegenden Studie soll gezeigt werden, dass der ambulante indikationsspezifische und wohnortnahe Rehabilitations-Sport eine sehr effektive und effiziente Möglichkeit darstellen kann, um dem sog. „Behandlungsloch“ in der Nachsorge auszufüllen und so dem o.g. Versorgungsdefizit entgegenzuwirken.

Methode: Die Studie wurde als randomisiertes prä-post Design mit Wartekontrollgruppe durchgeführt (Versuchsgruppe n=24, Kontrollgruppe n=14). Eingeschlossen wurden PatientInnen im Alter von 40–70 Jahren mit einem chronischen Schlaganfall nach abgeschlossener AHB. Die Studie wurde über 10 Wochen, 2 x pro Woche à 90min. durchgeführt. Untersuchungsparameter waren die Gehstrecke (Laufbandtest), motorische Leistungsfähigkeit (Rivermead Motor Assessment), Depressivität (Skala nach v. Zerssen), Krankheitskontrollüberzeugungen (KKG) und die Lebensqualität (SF-36).

Ergebnis: Hinsichtlich der Gehstrecke und der motorischen Leistungsfähigkeit (RMA) zeigten sich im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikante Verbesserungen. Die Veränderungen der Krankheitskontrollüberzeugungen und der Depressivität waren statistisch nicht relevant. Bezüglich der Lebensqualität wiesen die Dimensionen „allgemeine Gesundheitswahrnehmung“ und „soziale Rollenfunktion“ signifikante Verbesserungen auf, während die der „körperl. Funktionsfähigkeit“, „körperl. Rollenfunktion“, „Schmerz“, „Vitalität“, „emotionale Rollenfunktion“ und „psych. Wohlbefinden“ lediglich tendenzielle Verbesserungen zeigten. Bei eine differenzierten Auswertung der Versuchsgruppe nach Insult-Lokalisation (rechts und links) und Zeitpunkt nach Schlaganfall (<12 und >12 Monate) konnten keine Unterschiede zwischen beiden Gruppen nachgewiesen werden.

Diskussion: In den letzten Jahren wurde zwar Angeboten im Bereich der ambulanten Reha-Sportgruppen mehr Beachtung geschenkt und deutlich erweitert, allerdings bestehen hier nach wie vor – u.a. aufgrund fehlender Evidenz – erhebliche Defizite in der flächendeckenden Versorgung. In der vorliegenden Studie kann gezeigt werden, dass der Rehabilitations-Sport eine effektive und effiziente Maßnahme zur Versorgung von Schlaganfallpatienten in der Nachsorge darstellt.

Literatur:

BAR: Rahmenempfehlungen zur ambulanten neurologischen Rehabilitation. 2. Auflg. Frankfurt am Main 2001

Scholz, P.; Busse, O.: Zerebrovaskuläre Erkrankungen. In: Reimers, C.D.; Broocks, A. (Hrsg.): Neurologie, Psychiatrie und Sport. Thieme: Stuttgard, New York 2003, 72–84