Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin 2005; 15 - A13
DOI: 10.1055/s-2005-917871

Muskelatrophie bei Intensivpatienten – Verlaufsbeobachtung mittels Ultraschallmessungen zur Bestimmung der Muskeldicke der Mm.Vastus Intermedius und Rectus Femoris Quadriceps

W Gruther 1, C Zöch 1, T Paternostro-Sluga 1, M Quittan 1, C Spiss 1, P Kraincuk 1, F Kainberger 1, R Crevenna 1
  • 1Univ. Klinik für Phys. Med. und Rehab. – AKH Wien, Wien

Fragestellung: Dass ein Intensivaufenthalt bei den Patienten zu einer ausgeprägten Muskelatrophie und beträchtlichem Muskelmasseverlust führt, ist allgemein bekannt. Bislang erwies es sich jedoch als schwierig, diesen Verlust an Muskelmasse schon auf der Intensivstation mit einem relativ einfach handzuhabenden Instrument objektiv zu erfassen. Deswegen ist die publizierte Datenlage über Auswirkungen der Liegedauer auf die Muskelmasse von Intensivpatienten relativ spärlich. Im Rahmen dieser Pilotstudie wurde daher erstmals versucht, Ultraschallmessungen zur Bestimmung der Muskeldicke der Mm.vastus intermedius und rectus femoris des M. quadriceps femoris als einfach handzuhabendes Instrument zur Untersuchung der Muskelatrophie auf Intensivstationen zu erproben und gleichzeitig Zusammenhänge zwischen der Liegedauer von Intensivpatienten mit deren Muskelmasseverlust zu dokumentieren.

Methode: 72 Intensivpatienten (Aufenthalt an der Intensivstation: 1–98 Tage, m:f=20:52, Alter 55±16) wurden in diese Querschnittsstudie (einzeitig) eingeschlossen. Zunächst wurden wesentliche demographische (Alter, Geschlecht, Größe, Gewicht, Körperoberfläche) und klinische Daten (Grund- und Begleiterkrankungen, Medikation, Liegedauer auf der Intensivstation) der Patienten erfasst. Weiters wurden mittels Maßband eine Umfangmessungen der Oberschenkelmuskulatur an definierten Punkten durchgeführt. Die Ultraschallmessung am Oberschenkel zur Bestimmung der Muskeldicke der Mm. vastus intermedius und rectus femoris des M. quadriceps femoris erfolgte ebenfalls an definierten Punkten. Die erhobenen demographischen und klinischen Parameter wurden mit den Ergebnissen der Umfangmessung und der Ultraschalluntersuchung für die Muskeldicke korreliert.

Ergebnis: Für die Muskeldicke zeigte sich eine hochsignifikante negative Korrelation mit der Liegedauer der Intensivpatienten (p<0,0001). Diese deutliche Abnahme der Muskeldicke erfolgte vor allem innerhalb der ersten zwei Wochen des Intensivaufenthalts. Nach diesem Zeitraum konnten nur mehr geringe Muskelmasseverluste (Verminderungen der Muskeldicke) objektiviert werden.

Diskussion: Die Ultraschallmessungen zur Bestimmung der Muskeldicke der Mm.vastus intermedius und rectus femoris des M. quadriceps femoris erwiesen sich im Rahmen eines intensivmedizinischen Settings als einfach handzuhabendes und gut einsetzbares Instrument zur Erfassung der Muskelatrophie der Patienten. Im Rahmen dieser Pilotstudie konnte unter Verwendung der beschriebenen Ultraschallmessung gezeigt werden, dass Intensivpatienten besonders innerhalb der ersten 2 Wochen des Intensivaufenthaltes eine ausgeprägte Muskelatrophie erleiden. Danach stellt sich ein Plateaueffekt ein, wodurch sich die Ausprägung des weiteren Muskelmasseverlusts deutlich vermindert. Diese ersten Ergebnisse unterstreichen einmal mehr die Notwendigkeit eines frühestmöglichen Beginns der Muskelatrophieprophylaxe bei Intensivpatienten.