Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin 2005; 15 - A9
DOI: 10.1055/s-2005-917867

Die Anwendung der ICF-Checkliste in der Rehabilitation muskuloskelettaler Gesundheitsstörungen

T Ewert 1, M Kirschneck 1, A Cieza 1, G Stucki 1
  • 1Klinik und Poliklinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation, Klinikum der Universität München, München

Fragestellung: Die ICF (Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit) [1] erhält zunehmend mehr Bedeutung für die Rehabilitation [2]. Eine Möglichkeit die ICF in der rehabilitativen Praxis anzuwenden, ist die von der WHO entwickelte ICF-Checkliste. Mittels dieser 125 ICF-Kategorien umfassenden Auswahlliste, können Gesundheitsfachleute Patienten hinsichtlich ihrer funktionalen Gesundheit dokumentieren [3]. Es stellt sich die Frage, inwieweit die Patienten in der rehabilitativen Versorgung beschreiben werden können und ob die ICF-Checkliste ein praktikables Instrument ist.

Methode: In Vorarbeiten zur Entwicklung von ICF Core Sets für chronische Erkrankungen, konnten 185 ICF-Checklisten zu Beginn einer rehabilitativen Maßnahme ausgewertet werden. Insgesamt wurden Datenerhebungen an 16 Einrichtungen (stationäre und ambulante Rehabilitation) durchgeführt. Die Patienten litten an einer der folgenden Gesundheitsstörungen: Rückenschmerzen, Osteoporose, Rheumatoide Arthritis, Osteoarthrose. Alle Gesundheitsfachleute, welche die ICF-Checkliste anwendeten, wurden vorher in deren Anwendung geschult.

Die Praktikabilität der ICF-Checkliste wurde stichprobenartig mittels eines eigens entworfenen Fragebogens erhoben.

Ergebnis: Vorgestellt werden die ICF-Kategorien, die am häufigsten genannt wurden. Das Ausmaß des Problems wurde nicht berücksichtigt, da nur selten die Kategorien mit schwer oder vollständig ausgeprägt bewertet wurden. In nahezu jeder Krankheit zeigten sich, dass jede Komponente der ICF wichtig war. Bei den Körperstrukturen, waren die Strukturen der unteren Extremität am häufigsten betroffen, bei den Körperfunktionen war Schmerz das häufigste Problem. Bei den Aktivitäten & Partizipation wurde die Kategorie Anheben und Tragen von Gegenständen am öftesten genannt. In der Komponente Umweltfaktoren wurde die Kategorie Klima als häufigste Barriere beschrieben und bei den Förderfaktoren die Gesundheitsfachleute. Diese ICF-Kategorie zeichnete sich mit den häufigsten Nennungen über alle Krankheiten hinweg ab. Insgesamt wurden 103 der 125 Kategorien bei mindestens einer Erkrankung relevant (30% resp. 20% an Nennungen). Eine gemeinsame Darstellung von Barrieren und Förderfaktoren war nicht praktikabel, da diese in den seltensten Fällen eine gleichartige Bedeutung als Barriere und Förderfaktor haben.

Die ICF-Checkliste bietet die Möglichkeit, nicht enthaltene Kategorien nachzukodieren. Hiervon wurde kaum gebrauch gemacht. Lediglich im Bereich der personbezogenen Faktoren gab es eine nennenswerte Dokumentationsaktivität. Die Auswertung des Praktikabilitätsfragebogens, ergab mittlere Werte hinsichtlich der Einschätzung des Zeitaufwandes und der Eindeutigkeit sowie eine mittlere Bearbeitungsdauer von 35 Minuten pro Checkliste.

Diskussion: Die Ergebnisse sind in vielen Bereichen mit den klinischen Erfahrungen und mit den in der Literatur berichteten Problemen übereinstimmend. Die Studie zeigt, dass die ICF-Checkliste das Spektrum an Beeinträchtigungen recht umfassend darstellt, was deutlich wird, wenn diese zu den ICF Core Sets [4] kontrastiert werden. Angesichts der Durchführung der Studie (keine konsekutiven Patienten), stellt sich die Frage nach der Generalisierbarkeit der Ergebnisse.

Literatur:

1 World Health Organization. International Classification of Functioning, Disability and Health: ICF. Geneva: WHO; 2001.

2 Ewert T, Cieza A, Stucki G. Die ICF in der Rehabilitation. Phys Med Rehab Kuror. 2002;12:157–62.

3 Ewert T, Fuessl M, Cieza A, Andersen C, Chatterji S, Kostanjsek N, Stucki G. Identification of the most common patient problems in patients with chronic conditions using the ICF checklist. J Rehabil Med 2004, suppl. 44: 22–29.

4 Stucki G, Cieza A, Ewert T, Kostanjsek N, Chatterji S, Üstün T. Application of the International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) in clinical practice. Disabil Rehabil. 2002;24(5):281–2.