Z Geburtshilfe Neonatol 2005; 209 - P34
DOI: 10.1055/s-2005-871485

Trisomie 18– Ein ethisches Dilemma

R Odendahl 1
  • 1Universitätsklinik Schleswig-Holstein, Lübeck, D

Fragestellung: Der Trisomie 18 (Edwards Syndrom) ist in der Literatur eine hohe Sterblichkeit in den ersten Lebenswochen zugeordnet. Die meisten Patienten werden aufgrund des komplexen Fehlbildungsmusters bereits intrauterin diagnostiziert. Viele weitere fallen unmittelbar postnatal durch eine Chromosomenanalyse auf und werden im Einvernehmen mit ihren Eltern und unter medizinischer und psychologischer Begleitung ihrem „infausten“ Schicksal überlassen. Was passiert jedoch mit den Kindern, die zum einen aufgrund einer nur gering ausgeprägten Symptomatik spät diagnostiziert werden und zum anderen durch einen ausgeprägten Überlebenswillen während der Behandlung aufgefallen sind?

Methodik: Wir beschreiben den Verlauf eines mitlerweile 6 Monate alten, ehemals frühgeborenen Zwillingskindes der 28. Schwangerschaftswoche mit freier Trisomie 18 und die ethischen Überlegungen zum weiteren Umgang mit Eltern und kindlichem Schicksal.

Ergebnisse: Unsere Patientin wurde als Zwillingsfrühgeborenes der 28. Schwangerschaftswoche mit einem Geburtsgewicht von 1200g in unserem Perinatalzentrum geboren. Neben einem drittgradigen Atemnotsyndrom, einem subaortalen Ventrikelseptumdefekt und einer Dystrophie fielen zunächst keine klinischen Besonderheiten auf. Im Alter von 2 ½ Monaten kam es nach nur inkompletter Ductusligatur zu einem linksseitigen Chylothorax, welcher erst nach multiplen pulmonalen Komplikationen und 8-wöchiger konservativer Therapie mit parenteraler Ernährung und Otreotidbehandlung sistierte. Die Herzfunktion konnte unter flüssigkeitsrestriktiver, diuretischer und positiv inotroper Therapie mit Digoxin stabilisiert werden, die zunächst langwährende problematische Gewichtsentwicklung verbesserte sich fortwährend.

Frühgeburtlichkeit, Beatmung und die kardiale Problematik focussierten unsere Aufmerksamkeit zunächst auf die jeweils aktuelle Situation.

Eltern und medizinisches Personal haben während dieser Zeit zahlreiche kritische Situationen durchlebt und einen gut wahrnehmbaren Kontakt zu der Patientin aufgebaut.

Zur Diagnosestellung einer freien Trisomie 18 kam es im Sinne eines funny looking child, erst im 5. Lebensmonat Trotz nun endlich sich stabilisierender klinischer Situation, stehen alle Parteien vor dem Dilemma während der vergangenen Monate, den sonst beschriebenen schicksalhaften Verlauf mit allen zur Verfügung stehenden Methoden der neonatologischen Intensivmedizin -in Unkenntnis der Diagnose- beeinflusst zu haben und nun einen gemeinsamen Weg für die weitere häusliche und medizinische Betreuung zu finden.

Zusammenfassung: Die Diagnose einer Trisomie 18 nach der Neugeborenenzeit und nach langer intensivmedizinischer Betreuung ist für Eltern und Behandler ein ethisches Dilemma.