Z Geburtshilfe Neonatol 2005; 209 - P30
DOI: 10.1055/s-2005-871481

Transiente neonatale Hyperammonämie – Schwierige Prognosestellung bei extrem hohen Ammoniakspiegeln im Neugeborenenalter

E Harps 1, B Hinrichs 1, M Thobaben 1, K Zepf 1, R Santer 1, HH Hellwege 1
  • 1UKE, Hamburg, D

Für das hyperammonämische Koma der angeborenen Harnstoffzyklusdefekte wird ein schlechtes outcome beschrieben, wenn die Dauer des Komas vor Beginn der spezifischen Therapie eine Zeit von 36h oder wenn das Produkt aus Serumammoniak in µmol/L und Komadauer in Tagen 4000 überschreitet (1). Eine eingreifende Therapie jenseits dieser Grenzen gilt als nicht sinnvoll.

Die primäre Behandlung bei Ammoniakspiegeln über 400µmol/L bei Neugeborenen besteht in der kontinuierlichen Hämodialyse des Ammoniaks und der raschen Abklärung der möglichen Grundkrankheiten.

Die transiente Hyperammonämie des Neugeborenen ist eine bedrohliche Erkrankung, die erst nach Ausschluss definierter enzymatischer Stoffwechseldefekte diagnostiziert werden kann. Sie kann mit einem schweren Koma einhergehen, viele der Überlebenden haben neurologische Residualschäden (2). Die Ursache ist nicht eindeutig geklärt, die Persistenz des Ductus venosus arantii scheint eine Rolle zu spielen.

Wir berichten über zwei Frühgeborene mit Ammoniakspiegeln über 2000µmol/L, die über 5 bzw 6 Tage kontinuierlich hämodialysiert wurden. Beide Patienten hatten die genannten Grenzen überschritten. Typische Labormuster für das Vorliegen eines Harnstoffzyklusdefekts konnten nicht nachgewiesen werden. Es kam zu einer andauernden Normalisierung der Ammoniakspiegel unter langsamer Reduktion der Dialyse und Beginn einer normalen Ernährung.

Ein Patient erlitt eine ausgeprägte Hirnblutung mit nachfolgendem Hydrocephalus, der andere wurde am ersten Tag der Dialyse über 15 Minuten reanimiert. Beide Kinder haben psychomotorische Entwicklungsdefizite, jedoch deutlich geringere als nach der o.g. Abschätzung erwartet wurde.

Daraus ergibt sich für uns die Strategie, bis zur vollständigen Diagnose eine kontinuierliche Hämodialyse und alle lebenserhaltenden Maßnahmen durchzuführen, auch wenn die für Hyperammonämien sonst prognostisch relevanten Grenzen bereits überschritten waren.

Literatur:

(1) Zschocke J, Hoffmann G F

Vademecum Metabolicum S. 10; 3.Aufl.; Friedrichsdorf 2004

(2) Yoshino M et al

Neuropediatrics 22(4): 198–202; 1991