Z Geburtshilfe Neonatol 2005; 209 - V106
DOI: 10.1055/s-2005-871437

Primäre Intubation versus CPAP in der Erstversorgung von Frühgeborenen – eine retrospektive Studie

CV Kannan 1, C Bender 1, T Ramsauer 1, P Franck 1, M Henschen 1, M Krüger 1, R Hentschel 1
  • 1Zentr. f. Kinderheilkunde u. Jugendmedizin, Freiburg, D

Einleitung: Der Einsatz der unterschiedlichen in der Neonatologie angewendeten Formen der Atemhilfe (CPAP) bzw. maschinellen Beatmung variiert zwischen einzelnen Kliniken und insbesondere zwischen unterschiedlichen Ländern erheblich. Hierbei ist insbesondere der Anteil sehr kleiner Frühgeborener, die, ohne jemals intubiert zu sein, lediglich mit CPAP behandelt werden, in den letzten Jahren erheblich gestiegen.

Die Frage, ab wann diese nicht-invasive Form der Atemhilfe erfolgversprechend ist, lässt sich vermutlich am besten an Hand von Daten über (1) die Form der Atemhilfe bei der primären Versorgung, (2) Beginn und (3) Dauer der zum Teil hintereinander geschalteten Beatmungsformen in den verschiedenen Gestationsaltersklassen in Abhängigkeit von der Durchführung der Lungenreife-Induktion erörtern.

Fragestellung: Mit welcher Form der Atemhilfe/Beatmung werden Frühgeborene in welchem Stadium ihrer Erkrankung unter den gegenwärtigen Bedingungen (z.B. hohe Rate an pränataler Lungenreifung) behandelt?

Methodik: Retrospektive Analyse der Neonataldaten für alle Frühgeborenen <37 SSW des Geburtsjahrgangs 2003 der Neonatologie des Zentrums für Kinderheilkunde und Jugendmedizin der Universitätsklinik Freiburg.

Ergebnisse: Gesamtzahl: n=178, weiblich: n=88, männlich: n=89. Patienten mit respiratorischen Störungen nach Gestationsalter <26 SSW: n=14, 26–28 SSW: n=23, 29–32 SSW: n=38, 33–36 SSW: n=46. Die Rate an kompletter Lungenreifung betrug ca. 65%. Die Zahl der Beatmeten vs. ausschließlich mit CPAP Behandelten betrug: <26 SSW: 13/1, 26–28 SSW: 15/8, 29–32 SSW: 12/21, 33–36 SSW: 9/17 (zusätzlich 20 Patienten, die nur mit O2 behandelt wurden. Der Anteil der primären Intubationen an der Gesamtzahl der Intubationen betrug bei Knaben 53% (n=16) vs. 26% bei Mädchen (n=5). Frühgeborene <26 SSW wurden in 57% primär intubiert, in 37% sekundär nach initialer CPAP-Phase, die mit 1 Ausnahme maximal 3 Stunden lang war und ausschließlich Mädchen betraf. Ein deutlich höherer Anteil von Knaben wies zu irgendeinem Zeitpunkt respiratorische Probleme (zumindest O2-Gabe) auf (82% vs. 59% bei Mädchen). Unterschiede hinsichtlich der Notwendigkeit einer Beatmung in Abhängigkeit von der Durchführung einer Lungenreifung liessen sich mangels größerer Fallzahlen nicht errechnen. Nur in 2 Fällen (1 x Spontanpneumothorax, 1 x NEC) erfolgte eine sekundäre Beatmung ohne vorangegangenen CPAP.

Zusammenfassung: Die bekanntlich höhere Rate an respiratorischen Problemen bei Knaben lässt sich auch in unserer Studie nachweisen, was sich in einer höheren Rate an primären Intubationen zeigt. In unserer Studie konnte durch frühzeitigen Einsatz des CPAP oberhalb der 26. SSW oftmals eine Intubation vermieden werden. Bei Patienten <26 SSW ist angesichts einer Intubationspflichtigkeit von >90% eine primäre Intubation empfehlenswert.