Z Geburtshilfe Neonatol 2005; 209 - V82
DOI: 10.1055/s-2005-871414

Disposition von Piritramid in der Analgesie von Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern

C Hünseler 1, D Borucki 1, C Müller 1, M Theisohn 1, F Hering 1, B Roth 1
  • 1Kinderklinik des Klinikums der Universität zu Köln, Köln, D

Einleitung: Piritramid (P) wird in Deutschland häufig in der intensivmedizinischen und postoperativen Analgesie von Neugeborenen (NG), Säuglingen (SG) und Kindern (KK) angewendet. Genaue Informationen über die Pharmakokinetik (PK) und –dynamik (PD) in diesen Altersklassen fehlen. Ziel der vorliegenden Studie ist die Überprüfung der Wirksamkeit und Sicherheit von P sowie die Darstellung der Pharmakokinetik bei NG, SG und KK.

Methodik: Die Daten wurden in einer prospektiven, offenen klinischen Studie erhoben. Nach positiver Begutachtung durch die Ethikkommission wurden die Sorgeberechtigten um ihr schriftliches Einverständnis zur Teilnahme gebeten. Nach einer Bolusgabe von 50µg/kg P i.v. mit der Möglichkeit der Auftitration wurden engmaschig die Vitalparameter sowie zur Beurteilung der Schmerzintensität der Sedierungsbogen nach Hartwig (beatmete Kinder) und der KUS-Score (=Kindlicher Unbehagens- und Schmerz-Score; nicht beatmete Kinder) erfasst. Die Bestimmung der Serum-P-Konzentration erfolgte mittels ESI-LC-MS-MS (electro-spray-ionisation two stage-mass spectrometry). Die Auswertung der PK erfolgte mittels der PK-PD-Software TopFit 2.0.

Ergebnisse: 41 Patienten nahmen an der Untersuchung teil ((NG) 1. –30. Lebenstag, n=8; (SG1) 2. –4. Lebensmonat, n=7; (SG2) 5–12. Lebensmonat, n=17; (KK) 2. –4. Lebensjahr; n=9)). 39 Patienten (w: m=16: 23) konnten ausgewertet werden. Der Anteil postoperativer Patienten beträgt 95%. Beatmet wurden 46% der Patienten. Die verwendete mittlere P-Dosis beträgt 0,05 bis 0,07mg/kg KG. In der Gruppe der NG zeigte sich eine deutlich verlängerte Eliminations-halbwertszeit (t1/2 beta) von P (861min). In den anderen Gruppen zeigt sich eine vergleichbare, kürzere t1/2 beta (SG1: 209min; SG2: 180min; KK: 226min). Beim Verteilungsvolumen Vd weist die Gruppe SG1 den niedrigsten (2,4 l/kg) und die Gruppe KK den höchsten Wert (10 l/kg) auf. Die pharmakodynamischen Auswertungen ergaben, dass bei den nicht-beatmeten Patienten nach P-Gabe mindestens 50% der Patienten über 180min ausreichend analgesiert waren. Die beatmeten Patienten waren nach P-Gabe zu keinem Zeitpunkt zu mehr als 50% ausreichend analgesiert. Nach P-Gabe wurden keine signifikanten oder klinisch relevanten Änderungen der Vitalparameter gefunden. Ein älterer Säugling erhielt Na-loxon bei Ateminsuffizienz.

Diskussion: In der Gruppe der NG zeigt P eine deutlich verlängerte t1/2 beta wie dies auch von anderen Opioiden wie Fentanyl oder Morphin bekannt ist. Das Dosierungsintervall sollte in dieser Altersgruppe angepasst werden. Dosierungen von 0,05–0,075mg/kg KG waren bei beatmeten Kindern aller Altersgruppen in der postoperativen Analgesie unzureichend. Hier müssen initial höhere Dosierungen gewählt werden. Insgesamt zeigte sich eine gute Kreislaufverträglichkeit und mit einer Ausnahme keine atemdepressive Wirkung. Auch in dieser relativ niedrigen Dosierung muss jedoch mit opioidbedingten Nebenwirkungen gerechnet werden.