Zentralbl Gynakol 2005; 127 - P4_6
DOI: 10.1055/s-2005-870802

Gigantomastie in der Schwangerschaft – Ein Fallbericht

S Reckert 1, T Schwenzer 1, W Ruhwedel 1
  • 1Dortmund

Das Auftreten einer Gigantomastie in der Schwangerschaft ist mit einer Inzidenz von 1 auf 28.000 bis 100.000 Schwangerschaften ein sehr seltenes Ereignis. Die medikamentöse Therapie mit einem Prolaktinhemmer ist teilweise unzureichend, so dass die operative Intervention auch in der Schwangerschaft, im Einzelfall erforderlich wird.

Im vorliegenden Fall stellte sich die 33-jährige Zweitgravida in der 14. SSW wegen einer täglichen Größenzunahme beider Brüste vor. Drei Jahre zuvor war bereits eine Mammareduktionsplastik bds. nach Lejour durchgeführt worden. Dabei wurden die Brüste von Körbchengröße D auf B reduziert. Vor dieser Reduktion war 1993 eine erste Schwangerschaft problemlos ohne übermäßige Größenzunahme der Brust verlaufen.

Zu Beginn der jetzigen Schwangerschaft entsprach die Brust der Körbchengröße 75B; bei der Vorstellung betrug der Brustumfang bereits 120cm bei einem Unterbrustumfang von 80cm. Extern war der Patientin wegen der rasch progredienten Größenzunahme zu einem Schwangerschaftsabbruch geraten worden, dem sie jedoch ablehnend gegenüberstand. Eine medikamentöse Therapie mit Bromocriptin blieb erfolglos; ein Hypophysenadenom konnte mittels NMR ausgeschlossen werden. Ein speziell angepasstes Stützkorsett erbrachte nur eine vorübergehende Entlastung für die Patientin.

Die weitere sehr schmerzhafte Größenzunahme beider Mammae mit lividen Verfärbungen, progredienten trophischen Störungen und teilweisem Aufplatzen der Haut zwang in der 17. SSW zur atypischen Mammareduktionsplastik beidseits unter Umschneidung der offenen Hautareale und freier Mamillentransplantation. Hierbei wurden rechts 4,3kg und links 3,7kg Gewebe entfernt! Der Eingriff war zeitaufwendig und wegen der extremen Vaskularisation kam es trotz sorgfältigster Blutstillung zu einem deutlichen Blutverlust (intraoperativer Hämoglobinwert: 5,8g/dl). Intra- und postoperativ war eine Transfusion von 12 Erythrozytenkonzentraten erforderlich. Die engmaschigen Verlaufskontrollen zeigten im Übergang zwischen unterem innerem und äußerem Quadranten beider Mammae, sowie im Bereich der rechten Mamille eine Nekrosebildung. Regelmäßige antiseptische Behandlungen und Nekroseabtragungen erfolgten, worunter eine zufrieden stellende sekundäre Wundheilung gelang. Eine erneute Volumenzunahme der Mammae trat nicht auf. Der weitere Schwangerschaftsverlauf gestaltete sich regelrecht.

Die Gigantomastie stellt insbesondere in der Schwangerschaft ein für die Pat. sehr belastendes und zugleich schwer therapierbares Krankheitsbild dar. Die operative Sanierung ist technisch anspruchsvoll und trotz optimaler Durchführung mit einer langen Operationsdauer und einem entsprechenden Blutverlust verbunden. Trotzdem ist eine rechtzeitige OP-Indikation zu stellen, um unter Umständen mögliche weitere Komplikationen wie großflächige Ulzerationen mit septischen Verlaufsformen zu vermeiden, wie sie in anderen Fällen beschrieben wurden.