Ultraschall Med 2005; 26(3): 178-180
DOI: 10.1055/s-2005-870636
Reflexe

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Transkutane Sonographie des Magens

Transcutaneous Sonography of the Stomach
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Publication Date:
16 June 2005 (online)

 

Die hochauflösende Sonographie des Gastrointestinaltrakts hat heute einen festen Platz im diagnostischen Arsenal der Gastroenterologie. Dies war keinesfalls immer so, wurde doch lange der GI-Trakt mehr als störendes Organsystem betrachtet: Luft- und Chymusanteile erschwerten die Sonographie anderer Organe oder machten sie gar unmöglich.

Nach ersten experimentellen Studien von Wild und Reid Anfang der 50er Jahre veröffentlichte H. Lutz 1972 auf dem Weltkongress für Gastroenterologie erstmals das Bild einer zirkulären Magenwandverdickung bei einem submukös wachsenden szirrhösen Karzinom, der Linitis plastica (Abb. [1]). Im Querschnitt wurde für dieses typische Erscheinungsbild des Tumors der Begriff der "Kokarde" geprägt.

Abb.1: Erstbeschreibung der sonographischen Darstellung eines szirrhösen Magenkarzinoms bei einer jungen Frau auf dem Weltkongress für Gastroenterologie 1972 (Vidoson; H. Lutz).

Fig. 1: First published ultrasound image of a scirrhous gastric carcinoma in a young woman, demonstrated at the World Congress of Gastroenterology , 1972 (Vidoson; H. Lutz).

Der Begriff wurde auch für andere Abschnitte des GI-Trakts verwendet, so z. B. die Kolonkokarde bei fortgeschrittenen Kolonkarzinomen, wie ebenfalls bereits 1972 von H. Lutz beschrieben. Aber auch nichtneoplastische Erkrankungen können zum (zunächst rein deskriptiven) Bild einer Kokarde führen, beispielsweise die Minikokarde bei der Appendizitis oder die "Kokarde in der Kokarde" bei der Invagination. Andererseits erscheint es wenig sinnvoll den Begriff auch für Anschnitte des normalen GI-Traktes zu verwenden ("physiologische Kokarde"), da er beim Unerfahrenen einen pathologischen Befund impliziert.

Mit Verbesserung der Gerätetechnik ließen sich Mitte der 80er Jahre auch umschriebene Tumoren des GI-Traktes sonographisch nachweisen. Abb. [2] zeigt ein Karzinom des Magenkorpus bei gefüllten Magen.

Abb. 2: Umschriebenes Magenkarzinom im Corpus bei gefüllten Magen, zentral echoreiche Speisereste (K. Seitz, 1987).

Fig. 2: Circumscribed carcinoma of the gastric corpus in a full stomach, the central echoes representing food (K.Seitz, 1987).

Die Untersuchungstechnik wurde durch die Wasserkontrastmethode (Worlicek 1986) verfeinert, die auch die mittleren Magenabschnitte mittels einer besonderen Lagerungstechnik beurteilen lässt, sowie die Zuordnung umschriebener Veränderungen zum Magen erlaubt. Endoskopisch suspekte Befunde wie Impressionen oder fehlende Entfaltung des Magens lassen sich so vielfach bereits transkutan weiter abklären, insbesondere wenn kein Gerät für die EUS zur Verfügung steht.

Auch nach der Entwicklung der Endosonographie im oberen Verdauungstrakt (ab 1978) bleibt die transkutane Burteilung des Magens Bestandteil einer gründlichen Ultraschalluntersuchung. Jeder Zufallsbefund einer Magenwandverdickung bedarf der weiteren endoskopischen Abklärung (Abb. [3]). Insgesamt gilt eine Wanddicke >6mm als pathologisch, wobei allerdings Fehler bei leerem Magen infolge der zusammenliegenden Falten entstehen können.

Abb. 3: Szirrhöses Antrumkarzinom mit noch partiell erhaltener Wandschichtung. Mehrfache endoskopische Biopsien waren unauffällig. Der sonographische Befund verpflichtet zur forcierten weiteren Abklärung!

Fig. 3: Scirrhous gastric carcinoma of the antrum. The normal layering of the wall is partially still intact. Several endoscopic biopsies showed no pathological features. The sonographic finding requires further intensive diagnostic measures!

Andererseits haben wir heute gelernt, dass auch zahlreiche andere Erkrankungen zu zirkulären Wandverdickungen des Magens führen können: Lymphome, schwere Gastritis, portalhypertensive Gastropathie, ... . Abb. [4] zeigt als Beispiel die ausgeprägte Magenwandverdickung i.R. der entzündlichen Mitreaktion bei nekrotisierender Pankreatitis.

Abb. 4: Wandverdickung des Magencorpus als entzündlicher Umgebungsreaktion bei akuter Pankreatitis. Verlust der Schichtung auch bei entzündlicher Erkrankung. "Wasserkontrasttechnik" nach Trinken von 300 ml Orangensaft.

Fig. 4: Thickening of the gastric wall, resulting from an inflammatory response to acute pancreatitis. The normal layering of the wall can be altered by inflammation. "Water contrast technique" after the ingestion of 300 ml of orange juice.