Rofo 2005; 177 - WS_402_3
DOI: 10.1055/s-2005-867257

Inhalationsschäden durch asbestfaserhaltige Stäube – Radiomorphologie und interaktive ILO-2000 Befundung der Röntgenthoraxaufnahme

KG Hering 1
  • 1Knappschaftskrankenhaus, Radiologie, Dortmund

Die Fibrose des Lungenparenchyms-die Asbestose- und die pleuralen Läsionen (BK 4103) sind die bekanntesten Folgeerscheinungen einer Asbestfaserstaubinhalation. Sie besitzen sowohl im Tierversuch als auch beim Menschen neben der fibrogenen eine hohe kanzerogene Potenz.

Als Zielorgan maligner Entartung gelten beim Menschen die Lunge (Karzinom-BK4104), das Rippenfell, das Peritoneum, das Perikard (Mesotheliom-BK4105) und das Larynxkarzinom. Charakteristisch ist die zeitliche Verzögerung zwischen Beginn des Faserkontaktes und dem Schadensnachweis (=Latenzzeit). Für die fibrogene Wirkung beträgt sie etwa 15–20 Jahre, für die kanzerogene 25–40 und mehr Jahre.

Charakteristische Erscheinungsmuster haben eine hohe Signifikanz, nicht charakteristische Veränderungen sind differenzialdiagnostisch zu diskutieren.

Charakteristische Korrelate:

· Plaques – ohne (=hyaliner Plaque) und mit Verkalkung -

· generalisierte (diffuse) oder regionale Pleuraverdickung mit und ohne subpleurale Lungenfibrose

· Ergüsse („Asbestpleuritis), Verschwartungen (Hyalinosis complicata) und Rund- oder Kugelatelektase

· Pleuramesotheliom – Tumor, der auch im Perikard und im Peritoneum auftreten kann.

· Lungen- und Larynxkarzinom mit Brückenbefunden (z.B. Asbestose, Plaques)

Nicht charakteristische Korrelate:

Für die parenchymalen Veränderungen kann der Kausalzusammenhang zwischen hochauflösend-computertomographisch (HRCT) objektivierbaren Befunden und einer Asbest-Feinstaub-Exposition derzeit nicht zweifelsfrei zugeordnet werden, da sie auch Ausdruck einer ätiopathogenetisch völlig differenten interstitiellen Lungenfibrose sein können. Dazu gehören die inter- und intralobulären septalen und nicht-septalen Parenchym-Verdickungen, von der Struktur linear, bandförmig, nodulär, zystisch oder gemischtbis hin zur Destruktion von Lungengewebe (Honeycombing).

Die Dokumentation der berufsbedingten Lungenerkrankungen erfolgt nach speziellen Beurteilungskriterien, die sowohl für die Projektionsradiographie (ILO 2000) als auch für die HRCT (Referenzfilme) international abgestimmt sind.

Lernziele:

1. Erkennen der charakteristischen und weniger charakteristischen Brückenbefunde als Hinweis auf eine Asbestfaserstaubexposition

2. Differentialdiagnostische Kriterien zur Abgrenzung gegen andere interstitielle Lungenerkrankungen

3. Dokumentation und semiquantitative Kodierung nach internationalen Richtlinien

Korrespondierender Autor: Hering KG

Knappschaftskrankenhaus, Radiologie, Wieckesweg 27, 44309, Dortmund

E-Mail: k.g.hering@t-online.de