Psychother Psychosom Med Psychol 2005; 55 - P_128
DOI: 10.1055/s-2005-863562

Körperbild und Attraktivitätsideal bei Frauen und Männern mit und ohne Störung des Eßverhaltens

S Solzbacher 1, D Benninghoven 1, I Heberlein 1, S Kunzendorf 1, G Jantschek 1
  • 1Medizinische Klinik II/Psychosomatik, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck

Fragestellung: Das gesellschaftliche Schlankheitsideal scheint zu Störungen des Körperbildes bei Patientinnen mit Essstörungen beizutragen. Untersucht wird die Fragestellung, wie sich essgestörte und nicht essgestörte Frauen in ihren Idealvorstellungen bzgl. ihres Körpers unterscheiden und wie sie den Idealvorstellungen gesunder Männer entsprechen.

Methodik: Untersucht wurden Patientinnen mit der Diagnose einer Anorexia (n=51) oder Bulimia nervosa (n=34) sowie vergleichbare gesunde Frauen (n=41) und gesunde Männer (n=40). Die Probandinnen wurden mit einem Computerprogramm untersucht, mit dem das eigene Körperschema modelliert werden kann. Es werden das Real- und das Wunschbild des eigenen Körpers sowie das Idealbild eines Körpers anderen Geschlechts erfasst und mit dem real gemessenen Körperfettanteil verglichen.

Ergebnisse: Beide Gruppen essgestörter Frauen wünschen sich einen schlankeren Körper als die gesunden Frauen. Auch die gesunden Frauen wünschen sich, dass ihr Körper schlanker sei, als er es tatsächlich ist. Der von den gesunden Männern bevorzugte Frauenkörper ist schlanker als der bei gesunden Frauen anzutreffende Körper. Das Schlankheitsideal der drei Frauengruppen entspricht dem Ideal, das Männer sich bei Frauen wünschen. Anorektische Frauen wünschen sich selbst einen Körper, der schlanker ist als der, von dem sie glauben, dass Männer ihn attraktiv finden. Die drei Frauengruppen unterscheiden sich nicht hinsichtlich des Männerbildes, das sie ideal finden. Das von den Frauen attraktiv gefundene Männerbild entspricht dem durchschnittlichen Körper der untersuchten gesunden Männer.

Diskussion: Die Unzufriedenheit essgestörter Frauen mit ihrem Körper hat insofern einen nicht pathologischen Hintergrund, als Männer tatsächlich unrealistisch dünne Frauenkörper attraktiv finden. Auf Frauen lasten ein größerer Druck und unrealistischere Erwartungen bezüglich ihrer körperlichen Erscheinung als auf Männern.