Zentralbl Gynakol 2005; 127 - 15
DOI: 10.1055/s-2005-862471

Kohärenzgefühl und Stressempfinden/-verarbeitung bei Patientinnen mit Mammakarzinom

K Schenderlein 1, J Ketterer 1, M Rauchfuß 1
  • 1Universitätsmedizin Berlin, Medizinische Klinik mit SP Psychosomatik, Berlin

Einleitung: Brustkrebs stellt weltweit die häufigste Krebserkrankung bei Frauen dar. Über die Konfrontation und Auseinandersetzung mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung hinaus sind Frauen mit einer Brustkrebserkrankung zusätzlich in ihrer weiblichen Identität, ihrem Selbstwertgefühl und ihrer Sexualität betroffen. Die psychische Reaktion auf die Tumorerkrankung ist abhängig von dem Tumorstadium, der notwendigen Therapie und deren Auswirkungen, der Persönlichkeit der Patientin und ihren Vorerfahrungen mit einer Krebserkrankung sowie der Verfügbarkeit psychosozialer Unterstützung. Eine Reihe von Untersuchungen verweisen auf Zusammenhänge zwischen psychischer und physischer Gesundheit und dem von A. Antonovsky erstmals beschriebenen Kohärenzgefühl. Die vorliegende Arbeit untersucht die Frage nach Unterschieden im Stressempfinden und in der Stressverarbeitung bei Brustkrebspatientinnen in Abhängigkeit vom Kohärenzgefühl.

Methode: 100 Patientinnen mit der Diagnose Mammakarzinom wurden zu einem definierten Zeitpunkt postoperativ (1./2. Tag) am Brustzentrum der Universitätsklinik Charité befragt. Mithilfe des SVF, des PSQ und des SOC 9 werden die Stressverarbeitung, das Stressempfinden und das Kohärenzgefühl erfasst.. Die Patientinnen wurden mit einem umfangreichen Fragebogenset zu weiteren soziodemographischen Daten (Alter, Familienstand, Ausbildungsstand, berufliche Qualifikation) befragt. Weiterhin wurden TNM-Stadien, Rezeptorstatus, OP-Techniken (brusterhaltende Therapie/Ablatio) und Koerkrankungen aufgenommen.

Ergebnisse: Nach Auswertung der Resultate erwarten wir ein niedrigeres Stressempfinden und eine adäquatere Stressverarbeitung (gemessen mit SVF, SWOP und PSQ) bei Patientinnen mit einem hohen Kohärenzgefühl. In Untergruppenanalysen werden Tumorstadien, OP-Techniken und Koerkrankungen berücksichtigt, um Einflüsse durch Schwere der Erkrankung und Ausmaß der körperlichen Belastung auf das Kohärenzgefühl zu beurteilen..

Schlussfolgerung: Wir gehen davon aus, dass die Erfassung des Kohärenzgefühl als Parameter für psychische Belastbarkeit und damit als Hinweis auf psychische Begleit- und Folgerkrankungen einer Krebsdiagnose gesehen werden kann. In der klinischen Praxis könnte man gefährdete Patientinnen somit gezielt einer psychologischen bzw. einer psychotherapeutischen Betreuung zuführen, um diesen Erkrankungen vorzubeugen.