Zusammenfassung
Hintergrund: Die primären Ursachen von Rückenschmerzen sind vielfältig und oft nicht identifizierbar,
was die Möglichkeiten zur Prävention eines ersten Auftretens sehr begrenzt. Die Modifikation
bekannter Risikofaktoren kann nur bedingt präventiv wirken. Es besteht jedoch die
Möglichkeit zur Beeinflussung der Konsequenzen von Rückenschmerzen, wie z. B. Rückfallquote, Behandlungsbedarf, Grad der Behinderung
und Arbeitsverlust.
Ziel: Der Artikel fasst die auf dem englischen Originaltext (European Guidelines for Prevention
of Low Back Pain) basierenden European Guidelines - Prävention von Rückenschmerzen zusammen. Diese Leitlinien sind das Resultat umfassender Literatursuche in verschiedenen
Datenbanken zum Thema Prävention von Rückenschmerzen im weitesten Sinne.
Methode: Die Literaturrecherche erfolgte anhand detaillierter Suchstrategien. Anschließend
wurden die Artikel in Themengruppen zusammengefasst und ausgewertet. Dabei lag der
Schwerpunkt auf den Empfehlungen für die allgemeine und Arbeiterbevölkerung. Die Evidenz
für die physiotherapeutisch relevanten Interventionen wurde detaillierter aufgezeichnet,
z. B. für Bewegungstherapie, Manuelle Therapie und Informationen. Die Evidenz für
orthopädisch geprägte Interventionen (Schuheinlagen, Beckengurte, Mobiliar, organisatorische
Dimensionen) ebenso wie für die Prävention von Rückenschmerzen im Schulalter ist in
Form kurzer Empfehlungen dargestellt.
Ergebnisse: Die viel versprechendsten Ansätze beinhalten körperliche Aktivität/Übungen und (biopsychosoziale)
Informationen (zumindest bei Erwachsenen), jedoch sind die Effektgrößen der Interventionen
mit akzeptabler Evidenz eher klein. Außerdem gibt es keine alleinige Intervention,
die effektiv das generelle Problem „Rückenschmerzen” verhindern kann, da diese von
Natur aus multidimensional sind.
Einzelne Rückenschmerzpatienten werden immer wieder von hilfreichen Strategien berichten,
die jedoch nicht für die Allgemeinheit empfohlen werden, solange es keine wissenschaftliche
Evidenz für deren präventive Effektivität gibt. Es ist auch nicht bekannt, ob solche
Strategien eventuell negative Langzeiteffekte nach sich ziehen.
Schlussfolgerungen: Die Prävention von Rückenschmerzen betrifft sowohl den einzelnen Menschen als auch
die gesamte Gesellschaft. Um optimale Fortschritte zu erzielen, muss die Vorstellung
der Gesellschaft bezüglich des Problems Rückenschmerz verändert werden. Es gilt insbesondere,
den Zusammenhang zwischen Rückenschmerz und Aktivität/Arbeit, wie mit Rückenschmerzen
umzugehen und was vernünftigerweise von Prävention zu erwarten ist, neu zu überdenken.
Abstract
Background: The primary causes of low back pain vary and are often difficult to identify which
limits the prevention of its first incidence. The modification of known risk factors
can only prevent the occurrence to a certain extent. However, there is the possibility
to control the consequences of low back pain, such as recurrence rate, care seeking, disability degree and loss
of work.
Objective: The article summarizes the European Guidelines - Prevention of Low Back Pain . The guidelines represent the results of a literature research in different data
bases with view to the topic Prevention of back pain in a wide sense.
Methods: The literature investigation emloyed detailed searching strategies. Then the articles
were compiled in thematic groups and evaluated. In this the focus was set on recommendations
for general and working population. The evidence for physiotherapeutically relevant
interventions are recorded in more detail, i. e. kinesitherapy, manual therapy and
information. The evidence for orthopedically affected interventions (shoe insoles,
pelvis belts, furniture, organisational dimensions) as well as for the prevention
of back pain in school age is portrayed in form of short recommendations.
Results: The most promising approaches seem to involve physical activity/exercise and appropriate
(biopsychosocial) education (at least for adults). However the effect sizes of the
interventions with acceptable evidence are rather modest. In addition, no single intervention
is likely to be effective to prevent the overall problem of LBP, owing to its multidimensional
nature.
Individuals may constantly report of helpful strategies, which with view to the absence
of scientific evidence of their preventive effect cannot be recommended in general.
It is also not known whether some of these strategies have negative long-term effects.
Conclusions: Prevention of LBP is a societal as well as an individual concern. In order to achieve
optimum progress a shift of the society’s view concerning the attitude towards LBP
is required. Above all it is necessary to rethink the relationship between back pain
and activity/work, how back pain might best be tackled, and what is reasonable to
expect from preventive strategies.
Schlüsselwörter
Rückenschmerz - Leitlinien - Physiotherapie - Prävention - Arbeitsplatzintervention
Key words
Low back pain - guidelines - physiotherapy - prevention - workplace intervention