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DOI: 10.1055/s-2005-836616
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Analyse von 75 schwerwiegenden hausärztlichen Fehlern: Wie konnten sie entstehen und was hätte sie verhindert?
Analysis of 75 Serious GP Errors: Causal and Protective FactorsPublication History
Publication Date:
29 June 2005 (online)


Zusammenfassung
Fragestellung: Wie entstehen schwerwiegende hausärztliche Fehler? Und welche Ressourcen können Hausärzte nutzen, um diese Fehler zu vermeiden? Methoden: Anonyme Fragebogenstudie zu den ‚drei schwerwiegendsten Fehlern Ihrer Tätigkeit als Hausarzt’. Der Begriff ‚schwerwiegender Fehler’ wurde operationalisiert. Die Erinnerung an frühere schwerwiegende Fehler wurde durch eine spezielle Datenerhebungstechnik gefördert. Diese Datenerhebungstechnik sowie der semi-strukturierte 25-Item-Fragebogen wurden von den Autoren entwickelt und pilotiert. Die Auswertung erfolgte quantitativ und mittels modifizierter qualitativer Inhaltsanalyse. 32 anonym bleibende Hausärzte aus dem KV-Bezirk Nordrhein nahmen an der Studie teil und berichteten über 75 schwerwiegende Fehler. Ergebnisse: Es wurden mehr diagnostische als therapeutische Fehler berichtet. Meist konnten zwei oder mehr kausale Faktoren pro Fehler identifiziert werden. Überraschenderweise waren weder Kategorien aus den Bereichen ‚Wissen und Können’ noch ‚Organisatorisches’ oder ‚Informationsübermittlung’ unter den häufigsten kausalen Faktoren. Am häufigsten waren inadäquates ‚klinisches Denken’ (z. B. unangemessen langes Festhalten an einer getroffenen Verdachtsdiagnose), mangelnde ‚Sorgfalt’, sowie unklare ‚Verantwortlichkeit’. Die wichtigsten protektiven Faktoren lagen in den Bereichen: ‚Sorgfalt’ in Diagnostik und Therapie, ‚Selbstwahrnehmung und Selbststeuerung’, sowie bewusster Umgang mit ‚Verantwortlichkeit’ in vernetzten Strukturen. Schlussfolgerungen: Erhöhte Sorgfalt, bessere Selbstwahrnehmung sowie bewussterer Umgang mit Verantwortlichkeit könnten zur Verhinderung schwerwiegender hausärztlicher Fehler beitragen.
Abstract
Objective: What makes serious medical errors happen in general practice? And what can doctors do to help prevent them? Methods: Anonymous questionnaire study concerning the ‘three most serious errors of your career as a GP’: The participating doctors were given an operational definition of ‘serious error’. They applied a special recall technique, using patient-induced associations to bring to mind former ‘serious errors’. The recall method and the semi-structured 25-item-questionnaire used were developed and piloted by the authors. The items were analysed quantitatively and by modified qualitative content analysis. Participants: 32 general practitioners reported anonymously about 75 ‘most serious errors’. Setting: General practices in the North Rhine region in Germany. Results: More diagnostic than therapeutic errors were reported. Mostly we could identify two or more causal factors per error. Surprisingly neither inadequate “bio-medical” knowledge or skills, nor organisational or information transfer problems were among the most relevant causal factors. Often mentioned were: inadequate clinical reasoning (e. g. ‘anchoring and adjustment’), inadequate diligence and inadequate management of responsibilities. The most relevant “protective factors” were: High diligence, adequate management of responsibilities, and especially self-awareness concerning one's own feelings and current ability to make decisions. Conclusion: Improving high diligence, adequate management of responsibilities, and self-awareness in GPs might help prevent “ latent failures” to turn into serious “active” ones.
Schlüsselwörter
schwerwiegende hausärztliche Fehler - Allgemeinmedizin - kausale Faktoren - protektive Faktoren
Key words
medical errors - general practice - causal factors - protective factors