Suchttherapie 2004; 5 - 25
DOI: 10.1055/s-2004-861685

Sucht und Traumabearbeitung bei Kindern und Jugendlichen

E Thoms 1, E Fromme 1, M Oehme 1
  • 1Leipzig

Moderne Traumatherapiekonzepte schließen die integrative Behandlung von Abhängigkeitserkrankungen bei posttraumatischen Belastungsstörungen mit ein. Es gibt aber deutschlandweit nur wenig praktikable Therapieangebote, die beiden Erkrankungen gerecht werden. Auf der Drogenstation für abhängigkeitskranke Kinder und Jugendliche des Park-Krankenhaus Leipzig-Südost GmbH existiert seit 1999 ein zweiphasiges Behandlungskonzept. Bei einer Vielzahl der Kinder und Jugendlichen wird neben der Abhängigkeitserkrankung eine kinder- und jugendpsychiatrische Diagnose gestellt. Im Jahr 2003 wurden insgesamt 139 Patienten behandelt. Der Anteil der posttraumatischen Belastungsstörung betrug im Jahre 2003 15% und der sequenziell traumatisierten Patienten 28%. Dabei handelt es sich in den Patientengruppen sowohl um frühe körperliche und sexuelle Traumata sowie schwere emotionale Vernachlässigung.

Exploriert wurden außerdem schwerwiegende traumatische Ereignisse während des Drogenkonsums in der Szene, wie Todesfälle, Vergewaltigung, Bedrohung, Gewalt und Prostitutionserfahrungen usw. In der Behandlung dieser Kinder und Jugendlichen besteht sowohl aus suchttherapeutischen Erwägungen als auch aus traumatherapeutischer Sicht die Notwendigkeit der äußeren und inneren Stabilisierung. Mit äußerer Stabilisierung sind Schutz und Sicherheit durch Herauslösung aus dem traumatisierenden Milieu gemeint. Mit innerem Schutz ist vor allem ein qualifiziertes Entzugsmanagement auf der körperlichen Ebene als Grundvoraussetzung für die Etablierung einer tragfähigen schützenden, haltenden und Sicherheit bietenden therapeutischen Beziehung gemeint. Dieser Prozess beginn am Aufnahmetag und ist tragendes Element des gesamten therapeutischen Verlaufes. Diese Stabilisierungsphase ist bei abhängigkeitserkrankten und traumatisierten Patienten besonders lang andauernd, da infolge der Abhängigkeitserkrankung eine zusätzliche Labilisierung durch Suchtmittelentzug auftritt (Craving, Abbruchphasen, unbeabsichtige Retraumatisierung im Stationsalltag). Vorzeitige Traumaexposition verursacht eine erhöhte Abbruchrate. Die therapeutische Beziehung bildet die Grundlage der Behandlung und Traumatherapie ist Teil des Gesamtbehandlungskonzeptes der Station. Traumaarbeit und Suchtbehandlung sind nicht voneinander zu trennen und bedingten einander. Die Verläufe zeigen, dass die eigentliche Traumaexposition nicht zwangsläufiger Teil der stationären Therapie sein muss und auch im Rahmen der ambulanten Nachsorge bei bestehender therapeutischer Beziehung erfolgen kann.