Hintergrund: Die Videokapsel-Endoskopie ermöglicht inzwischen die Darstellung des gesamten Dünndarmes. Bisher war dieser nur teilweise mit der Push-Enteroskopie einsehbar oder es war der Einsatz radiologischer bzw. kernspintomographischer Untersuchungsmethoden zu seiner Darstellung erforderlich.
Ziele der Studie: 1) Quantifizierung der diagnostischen Ausbeute der Kapselendoskopie bei UGIB oder UEMA unter den Bedingungen des klinischen Alltages; 2) Vergleich der diagnostischen Ausbeute von Kapselendoskopie, Push-Enteroskopie und radiologischer Untersuchungsmethoden bei diesen beiden Fragestellungen; 3) Klärung der Frage, ob die Kapselendoskopie bei einer dieser beiden Fragestellungen diagnostisch erfolgreicher ist. Patienten und Methoden: Bei 41 Pat. mit UGIB oder UEMA wurde eine Kapselendoskopie (M2ATM, Given Imaging) nach einer Ösophagogastroduodenoskopie und Koloskopie durchgeführt. Bei 24 dieser Pat. erfolgte eine Push-Enteroskopie und bei 25 dieser Pat. eine radiologische Darstellung des Dünndarmes (konventionelle oder CT-gestützte Sellink-Untersuchung). 14 Frauen und 27 Männer wurden untersucht; ihr Durchschnittsalter betrug 61±15 (SD) Jahre.
Ergebnisse: Bei 27/41 Pat. (66%) zeigte die Kapselendoskopie pathologische Befunde der Dünndarmschleimhaut. Die gestellten Diagnosen umfassten Ulzera bei 9 Pat., Teleangiektasien bei 10 Pat., Ulzera kombiniert mit Teleangiektasien bei 2 Pat., eine akute Blutungen bei 1 Pat. und Schleimhauterytheme (Entzündung) bei 5 Pat.. Bei 9/15 Pat.(60%) with UEMA und bei 18/26 Pat. (69%) mit UGIB zeigte die Kapselendoskopie pathologische Befunde. Dieser Unterschied war nicht signifikant (p=0.73, Fisher Exact Test). 2 Pat. wurden operiert; bei einem dieser 2 Pat. zeigte die intraoperativ durchgeführte Enteroskopie eine Blutungsquelle außerhalb des Dünndarmes. Die Kapselendoskopie konnte neue Befunde bei 20/27 untersuchten Pat.(74%) nachweisen; bei 7/27 Pat.(26%) konnte die Kapselendoskopie aufzeigen, dass sich bei der Ösophagogastroduodenoskopie und Koloskopie nachgewiesenen pathologischen Befunde sich weiter in den Dünndarm hinein erstreckten. Die radiologische Untersuchung konnte nur einen pathologischen Befund nämlich ein Aortenaneurysma nachweisen; dieser Befund wurde als nicht ursächlich für die intestinale Blutung gesehen. Die Push-Enteroskopie war bei einem Pat. nicht möglich, so dass hier nur die Ergebnisse von 24 Pat. verfügbar waren. Die Push-Enteroskopie entdeckte 5 Läsionen im Jejunum; alle diese 5 Pat. litten an einer UGIB. Diese pathologischen Befund waren bei allen 5 Pat. auch in der Kapselendoskopie nachweisbar. Darüberhinaus entdeckte aber die Kapselendoskopie bei 10 Pat. pathologische Befunde im Dünndarm, die der Push-Enteroskopie entgingen.
Schlussfolgerungen: Die Kapselendoskopie entdeckt eine große Zahl pathologischer Befunde bei der unklaren gastrointestinalen Blutung (UGIB) und der unklaren Eisenmangelanämie (UEMA). Operative Konsequenzen resultieren aber aus diesen Befunden nur selten. Die diagnostische Ausbeute der Kapselendoskopie ist bei der UGIB und der UEMA ähnlich groß. Die radiologische Bildgebung brachte in der vorliegenden Studie keinen wesentlichen Zugewinn bei diesen beiden klinischen Fragestellungen. Die Push-Enteroskopie erbrachte ein Drittel der diagnostischen Ausbeute der Kapselendoskopie. Dennoch erscheint es gerechtfertigt, sie speziell bei der UGIB an die erste Stelle des diagnostischen Algorithmus setzen.