RSS-Feed abonnieren
DOI: 10.1055/s-2004-835449
Akute myeloische Leukämie/Visusminderung bei plötzlicher Netzhautblutung
Hintergrund: Erstvorstellung einer 19 Jahre jungen Patientin im Dezember 2003 mit Verschwommensehen am LA seit 4 Tagen. Die Patientin gibt weiterhin an sich in letzter Zeit häufig müde und schlapp zu fühlen, sowie unter Übelkeit und Kopfschmerzen zu leiden, welche seit 2 bis 3 Wochen an Intensität zunehmen. Eine Zahnfleischwucherung sei vor 5 Wochen erstmals aufgefallen. Bis auf Windpocken war die Patientin bisher noch nie krank gewesen. Die Familienanamnese ist leer. Patient und Methode: Visus cc: RA: 1,0; LA: 0,8. AT: RA: 15mmHg; LA: 16mmHg. Vordere Augenabschnitte R/L: altersentsprechend vollkommen regelrecht. Hintere Augenabschnitte: R < L: intraretinale und subhyaloidale Netzhautblutungen mit prämakulärer Spiegelbildung am LA. Körperliche Untersuchung: 19-jährige junge Frau in gutem Allgemein- und Ernährungszustand (Gewicht: 55,5kg, Länge: 166cm). Blasses Hautkolorit, keine Blutungszeichen, Cor: tachycard. Bei Inspektion des Mundes fällt neben einem Zungenpiercing eine sehr blasse Mundschleimhaut, sowie eine ausgeprägte Gingivahyperplasie auf. Es finden sich vereinzelt enorale punktförmige Schleimhautblutungen, zervikal wie nuchal sind Lymphknoten bis ca. 1cm tastbar. Ergebnisse: Eine umfassende Labordiagnostik wurde in die Wege geleitet: Blutbild und Differenzialblutbild: Hb 5,5g/dl; HKT 16%; Leukozyten 16.400/µl; Thrombozyten 73.000/µl. Sonstige Werte im Normbereich. Blutausstrich: eindeutiger Nachweis von Blasten der myeloischen Reihe (28%). HbF: 0,7%. Knochenmarkzytologie: mäßige Blastenvermehrung (9%) und ausgeprägte dysplastische Reifestörung. Der Befund entspricht einer akuten myeloischen Leukämie FAB M2 ohne Auerstäbchen. Beckenkammbiopsie: ausgeprägte verdrängende blastäre Infiltration. Schlussfolgerungen: Anhand der Befunde wurde bei der Patientin die Diagnose einer akuten myeloischen Leukämie gestellt mit einer Netzhautblutungen als Erstsymptom. Die Behandlung erfolgte in der hiesigen Kinderonkolgie mit insgesamt 5 Polychemotherapieblöcken, und einer daran anschließenden 1-jährigen Dauertherapie. Eine prophylaktische ZNS-Therapie erfolgte ebenfalls. Es zeigte sich ein gutes Ansprechen auf die Induktionstherapie und eine erneute Knochenmarksbiopsie vor Beginn des 2. Therapieblocks zeigte eine erste komplette Remission. Die retinalen Blutungen haben sich im Therapieverlauf gut zurückgebildet. Die Prognose der Erkrankung ist als mäßig gut einzustufen. Differenzialdiagnostisch müssen alle blutbildverändernde Erkrankungen wie Anämien, Hyperviskositätssyndrome, die hypertensive Retinopathie, die diabetische Retinopathie, eine iatrogene gerinnungshemmende Therapie, sowie traumatische Netzhautblutungen bei i.e. Z.n. Bunjee-jumping oder Kirmesspielen in Betracht gezogen werden.