Zeitschrift für Palliativmedizin 2004; 5 - P19
DOI: 10.1055/s-2004-835253

Verbesserung der Lebensqualität von Krebspatienten im fortgeschrittenen Stadium durch einen Wunderheiler? Eine prospektiv randomisierte Studie mit ungewöhnlichen Ausgang

G Pohl 1, H Seemann 1, N Zojer 1, C Ochsner 1, C Luhan 1, M Schemper 2, H Heinzl 2, H Ludwig 1
  • 1Medizinische Abteilung mit Onkologie, Wilhelminenspital Wien
  • 2Institut für Medizinische Computerwissenschaften, Abteilung für klinische Biometrie, Wien

Das Angebot an nicht medizinisch etablierten „Heilungsmethoden“ für Patienten mit einer unheilbaren Krebserkrankung steigt zunehmend. Ein wissenschaftlich exakt geführter Nachweis der Effizienz solcher Methoden liegt jedoch fast nie vor. Derartige magische Methoden können zur Vernachlässigung naturwissenschaftlich belegter Behandlungsverfahren und damit neben einer oft erheblichen finanziellen Belastung zu einer beträchtlichen gesundheitlichen Gefährdung von Patienten führen. Das Hauptziel dieser Studie liegt in der Ermittlung der Wirksamkeit des Handauflegens auf das Wohlbefinden von Patienten mit einer fortgeschrittenen Krebserkrankung durch einen selbsternannten „Wunderheiler“ im Vergleich zu einem Schauspieler mittels allgemein akzeptieren wissenschaftlichen (validierte Wohlbefindlichkeitskala) Methoden. Endzielgröße war der Summenscore der Wohlbefindlichkeitsskala zu verschiedenen Zeitpunkten nach der ‘Behandlung'.

Achtzig Patienten mit fortgeschrittener Krebserkrankung werden in die Studie aufgenommen und aufgrund der Stratifikationskriterien – Geschlecht, Tumorerkrankung, Krankheitsstadium mittels eines Randomisierungsprogramms des Instituts für Medizinische Statistik einer der beiden Behandlungsgruppen im Sinne einer einfach-blinden, prospektiv randomisierten Phase III-Studie zugeordnet. In der Verumgruppe wird das ‘Handauflegen' von einem selbsternannten Wunderheiler und in der Kontrollgruppe von einem Schauspieler des Reinhard Seminars durchgeführt. Die Behandlung wird jeweils in Gruppen zu acht Patienten vorgenommenen, die an insgesamt je drei Sitzungen innerhalb einer Woche (Mo, Mi, Fr) teilnehmen. Nach einführenden Worten durch den „Wunderheiler“ oder den Schauspieler wird den Patienten jeweils für 5 Minuten die Hand aufgelegt. Die Patienten bewerten den Effekt der Intervention an Hand einer validierten Wohlbefindlichkeitsskala („Well-being Scale“, Giasson 1994) nach jeder Sitzung sowie am Tag 10. Endzielgröße ist der Summenscore der Wohlbefindlichkeitsskala. Zur Analyse wird ein allgemein lineares Modell verwendet.

Insgesamt wurden bisher 32 Patienten in die Studie aufgenommen und der ‘Behandlung' unterzogen. Da sich im Verlauf der Studie scheinbar nicht der vom Wunderheiler erwartete Effekt einstellte, wurde diese von ihm frühzeitig abgebrochen. Die Studie wird nun als offene Phase II Untersuchung weitergeführt und alle weiteren Patienten bis zur angestrebten Zielzahl vom Schauspieler ‘behandelt' Das Ziel der Studie liegt nun darin zu überprüfen ob therapeutisches Handauflegen durch einen engagierten Mitmenschen das Wohlbefinden von Patienten mit fortgeschrittener Krebserkrankung verbessert. Die endgültigen Resultate werden beim Kongress vorgestellt.

Die Hoffnung von Patienten mit einer fortgeschrittenen Krebserkrankung ist leider oft Ziel kostspieliger und wissenschaftlich nicht fundierter Therapieformen. Eine wissenschaftliche Überprüfung dieser Methoden kann sich als schwierig gestalten. Es bleibt daher umso mehr Aufgabe des betreuenden medizinischen Personals, auf die Ängste und Nöte dieser Menschen einzugehen, um sie und ihre Angehörigen vor zusätzlichen Enttäuschungen in dieser schweren Lebensphase zu bewahren. In diesem Kontext werden die endgültigen an den 80 Patienten erhobenen Ergebnisse vorgestellt und diskutiert.