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DOI: 10.1055/s-2004-834282
Pes equinovarus und die Differenzialdiagnose Arthrogryposis multiplex congenita
Problemstellung: Der Klumpfuß gehört gehört mit einer Inzidenz von 1–3/1000 Lebendgeborenen zu den relativ häufig vorkommenden Extremitätenfehlbildungen. Sonografisch ist die Achsenabweichung der Füße gegenüber den Unterschenkeln auffällig. 20% der Fälle sind mit Fehlbildungen assoziiert (Neuralrohrdefekt, Akinesiesyndrome, Chromosomenabberationen). Deshalb sollte nach der Diagnose eines Pes equinovarus ein gezielter Fehlbildungsausschluss und eine Karyotypisierung erfolgen. Die Arthrogryposis multiplex congenita (AMC) besitzt eine Inzidenz von 1/10000 und kennzeichnet sich durch symmetrische Gelenkkontrakturen, wobei Klumpfußhaltung auftreten kann. 3 Formen werden unterschieden: primärer Extremitätenbefall, Kombination mit Kongenitalanomalien oder Kombination mit ZNS-Störungen. Ätiologisch kommen Myopathien, neurogene Störungen, Bindegewebsanomalien und mechanische Alterationen bei Oligohydramnion infrage. Sonografische Diagnose: Beuge- oder Streckkontrakturen, mangelnde Extremitätenbeweglichkeit, Polyhydramnion (neurogene Schluckstörung). AMC ist in ca. 5% bereits intrauterin oder in den ersten Lebensmonaten letal. Bei ZNS-Anomalien beträgt die Mortalität bis zu 50%. Erheblich eingeschränkte Lebensqualität durch Gelenkkontrakturen. Wird additiv eine Lungenhypoplasie diagnostiziert (Glockenthorax) sprechen wir vom Pena-Shokeir-Syndrom.
Methode: In der 1. und 2. Falldarstellung sind an 2 Feten sonographisch Klumpfüße aufgefallen, bei denen in der weiteren Diagnostik der V.a. AMC gestellt werden konnte. In der 3. Falldarstellung (Geminigravidität mit IUFT des 1. Zwillings, 14. SSW) wurde beim 2. Zwilling zusätzlich ein Glockenthorax nachgewiesen, mit V.a. Pena-Shokeir-Syndrom.
Ergebnisse: 1. Fall: 33j., 4. Gravida, 1. Para, 13+3. SSW. Diagnose: Klumpfüße, Nackentranzparenz >95. Perzentile, unauffällige Fetalentwicklung/ Echokardiographie/ Karyotypisierung. Verlaufskontrolle: bleibende Zwangshaltung der Hände, Amotilität, beweglichkeitseingeschränkte Extremitäten, Ellenbogengelenksflexion. Abortinduktion, 21. SSW.
2. Fall: 32j., 4. Gravida, 2. Para, 23+0. SSW. Diagnose: Klumpfüße, dünne Extremitätenknochen, schwere Fuß- und Handfehlhaltungen, fixierte Ellenbogenflexion beidseits, Amotilität, unauffällige Sonoanatomie/ Echokardiographie. Unauffällige Karyotypisierung. Verlaufkontrolle: Progredienz der AMC, Dynamik der Gelenkveränderungen, Polyhydramnion. Fetozid, Geburtseinleitung, 25. SSW.
3. Fall: 20j., 1. Gravida, 25. SSW. Diagnose: Geminigravidität, Klumpfüsse des 2. Zwillings, Kopf-Delfexions-Zwangshaltung, Amotilität, unauffällige Sonoanatomie/ Karyotypisierung. Verlaufskontrolle: Extremitäten-Beugekontraktur, Lungenhypoplasie mit Glockenthorax. Prim. Sectio wegen HELLP-Syndrom, 30+0. SSW. Kind 1 Tag postnatal verstorben.
In allen 3 Fällen bestätigte die histopathologische Untersuchung den pränatalen Befund.
Schlussfolgerung: Die weiterführende Diagnostik bei Pes equinovarus sollte neben Fehlbildungsausschluss und Karyotypisierung auch die seriellen Beobachtungen des Bewegungsverhaltens des Feten beinhalten.