Aktuelle Neurologie 2004; 31 - V82
DOI: 10.1055/s-2004-832988

Der kindliche Schlaganfall: Ursachen, Rehabilitation, Outcome und Krankheitsverlauf in 65 Fällen

D Osenberg 1, W Ischebeck 1
  • 1(Hattingen)

Kindliche Zerebralinfarkte sind selten und zeigen eine ausgesprochene ätiologische Vielfalt.Klinischer Verlauf und Prognose der Erkrankung gestalten sich sehr variabel.

Die untersuchte Stichprobe umfasst 65 Minderjährige (M:34,F:31) im Alter von 5 Wochen bis 18 Jahren (Mean 7,66J),die nach Zerebralinfarkt rehabilitativ stationär behandelt wurden. Evaluiert wurden Erstsymptome,Therapie,Infarktlokalisation,Outcome sowie mögliche ätiologische Faktoren. 47 Telefonkatamnesen (frühestens 6 Monate nach ED) enthalten Angaben zu verbleibenden Defiziten, Reinfarkten, therapeutischen Maßnahmen, schulischer Reintegration sowie Einschätzung des Zustandsbildes (GOS & Karnofsky).

Ergebnisse: Häufigste Infarktlokalisation war die MCA links (49%).Eine Lysetherapie wurde in 4,6%, dekompressive Kraniotomien in 14% durchgeführt .Bei 28% bestand ein Herzvitium. Weitere Grunderkrankungen waren hereditäre Koagulopathien, Hyperlipoproteinaemie, Trisomie 21, MELAS-Syndrom, Vaskulopathien (Moya, zerebrale Aneurysmen), fibromuskuläre Dysplasie und Sticky-platelet. Bei 31 Kindern (48%) bestand eine akute Infektion. (VZV, B-Streptokokken, Adenoviren, MRSA, Enteritis-und Enzephalitiserreger).In 86% lag eine ätiologische Mehrfachkombination vor.Bei Aufnahme in die Rehaklinik entsprachen 72% der Kinder GOS 3, 20% GOS 4, 8% GOS 2. (Entlassung: 35% GOS 3, 63% GOS 4).Von 18 Kindern mit Herzvitien wurden 10 mit guten Outcome entlassen.Kinder mit Infarkten unklarer Genese erreichten im Rahmen der Rehabilitation in 66%,im Langzeitverlauf mit 73% einen Status GOS 4/5. 44% der Kinder erhielten eine antithrombotische Langzeitprophylaxe (TAH 28%,Cumarin 9%,Heparin 6%).4 Kinder erlitten Reinfarzierungen unter fortgeführter Antikoagulation, darunter beide Kinder mit MELAS. Alle Kinder wurden nach Hause entlassen.73% erhielten poststationär weiterführende Therapien. Paresen lagen langfristig bei 82% vor,17% waren dauerhaft rollstuhlpflichtig. In 1/3 der schulpflichtigen Fälle wurde ein Schulwechsel erforderlich,42% konnten in die bisherige Klasse reintegriert werden.

Zusammenfassung: Ätiologisch ergab sich bei kindlichen Zerebralinfarkten ein Überwiegen cardialer Vitien sowie eine Häufung möglicher infektiöser ätiologischer Mitbeteiligung (v.a.VZV) bei überwiegender Mehrfachkombination ätiologischer Faktoren.Langfristig bestanden funktionelle motorische und kognitive Defizite in 92% der Fälle.2/3 erreichten jedoch bereits während der Rehabilitationsphase ein gutes Outcome.